Banntag Liestal«Zynisch, humoristisch, aber keine Comedy»
Nicht nur der Rottenchef richtete eine Rede an die Liestaler Banntägler. Auch BLKB-CEO John Häfelfinger nutzte die Gelegenheit.

Einer der wichtigsten Punkte im Ablauf des Liestaler Banntags ist die Rede des Rottenchefs. Der Liestaler Künstler Jürg Widmer hat sie auf seiner diesjährigen Banntagsmedaille ins Zentrum gesetzt. «Die Rede soll ein wenig zynisch sein, ein wenig humoristisch, aber keine Comedy», sagt Domenic Schneider, Chef der 3. Rotte, «im Idealfall hält sie einem den Spiegel vor.»
Er hält seine Rede am Znünihalt von der legendären Kiste herunter. Auf sie dürfen während des Appells auch Banntägler stehen, um das Wort an die Menge zu richten. An diesem Montag nutzt John Häfelfinger, CEO der Baselbieter Kantonalbank, die Gelegenheit. Seine Bank kam wegen Äusserungen des Chefs der Tochtergesellschaft Radicant in die Kritik. Dieser hatte sich abschätzig über Baselbieter Politiker geäussert. Häfelfinger äusserte sich klar, aber auch kryptisch und nicht abschliessend. Das geht eben auch von der Kiste herunter.
«Sicher wie ein Böllerschuss und felsenfest»
Es sei gerade eine «laute Zeit», in der man sehr viel über Banken, auch seine Kantonalbank, rede, so Häfelfinger. «Man muss nicht immer alles glauben, was man liest», fuhr er fort. Er wollte aber nicht weiter ausführen, was man nicht glauben soll. «Ich kann euch eines sagen, die Kantonalbank ist etwas, das sicher ist wie ein Böllerschuss und felsenfest», referiert der CEO und spricht von einer «grossartigen Zeit», in der es gelte, sich weiterzuentwickeln, aber es gebe auch Traditionen. Diese müssten weitergegeben werden. «Man kann Traditionen nur bewahren, wenn man sie mit Feuer weitergibt», schloss John Häfelfinger, «nicht indem man Asche anbetet.»
Nach über 650 Jahren ist der Liestaler Banntag noch immer eine Männerdomäne, was durchaus genossen wird. Und der Spott ist nicht immer ganz ernst zu nehmen. Domenic Schneider erinnert an die verstorbene Schauspielerin Heidi Kabel und zitiert sie mit den Worten, «die Emanzipation ist erst dann vollendet, wenn einmal eine total unfähige Frau in einer verantwortlichen Position ist». Rottenchef Schneider blickt zu den Wolken hoch, breitet die Arme aus und spricht: «Liebe Heidi Kabel im Himmel, wir haben Tamara Funiciello und Magdalena Martullo-Blocher. Strafe uns nicht noch mehr.» Eine gute Rede sei eine, an der die Leute Freude hätten, sagt Schneider.
Die Mär vom Banntag
Für seine Rede mache er sich übers Jahr Notizen. Viele davon würden in den Papierkorb wandern, andere in die Rede. Hinein hat es in diesem Jahr ChatGPT geschafft, ein Chatbot, der künstliche Intelligenz nutzt, um über textbasierte Nachrichten zu kommunizieren. Von ihm habe er, Domenic Schneider, wissen wollen, was der Liestaler Banntag ist. Unter anderem habe er erfahren, dass es sich um ein Fruchtbarkeitsfest handle, das am 3. Montag im November unter Einbezug der Bürgerinnen stattfände und in einen Umzug in historischen Kostümen durch die Stadt münde. «Wenn ich das so lese, weiss ich wirklich nicht, wie sehr wir uns in Zukunft auf künstliche Intelligenz verlassen wollen», bilanziert er.
Doch ist Domenic Schneider an diesem Banntag nicht nur auf Lacher aus: «Es lag mir am Herzen, in diesem Jahr auch Aufrufe zu platzieren.» So erhalte etwa das Gendern unverhältnismässig viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit. Früher habe man sich die Pet Shop Boys, Elton John und Freddy Mercury angehört, «und wir fragten uns nicht, welche sexuellen Vorlieben sie haben». Schneider plädiert für eine Abkehr von «übertriebener Vergenderisierung und Sittenwachomanie». Viel wichtiger sei es, Werte hochzuhalten wie «Hilfsbereitschaft, Empathie, Nächstenliebe und wirkliche Toleranz».
Finanzdirektor Lauber fordert ChatGPT heraus
Der Baselbieter Regierungsrat Anton Lauber wird von den Banntäglern ebenfalls auf die Kiste gefordert. Er schliesst sich Rottenchef Schneider an: «Ich bin ausgesprochen glücklich, dass der Rottenchef heute reinen Tisch gemacht hat, sonst hätte ich von Banntagspersonen sprechen müssen, und das hätte ich nicht gewollt.» Er habe mit einer Rede von der Kiste gerechnet und wie auch Schneider sich an ChatGPT gewandt mit der Bitte um eine Kistenrede. Zur Antwort habe er eine Frage erhalten: «Bist du auf der Kiste oder in der Kiste?» Die Pointe punktet.
Zum Stellenwert der Rede des Rottenchefs sagt Domenic Schneider: «Sie ist einer der zentralen Punkte des Banntags, was man daran erkennt, dass sich die Leute darauf freuen und auch alle zuhören.» Aber auch wie sich das Stedtli nach 7 Uhr morgens füllt, der Ausmarsch um 8 Uhr und abends die Fahnenabgabe seien schöne Momente.
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