Zwei Schuldsprüche im Fall Gretzenbach
Das Gericht hat die beiden Bauherren der eingestürzten Garage zu bedingten Freiheitsstrafen von je 20 Monaten verurteilt. Drei weitere Angeklagte wurden freigesprochen.

Sechs Jahre nach dem Deckeneinsturz in Gretzenbach SO mit sieben toten Feuerwehrmännern sind die beiden Bauherren zu bedingten Freiheitsstrafen von je 20 Monaten verurteilt worden. Das Amtsgericht Olten-Gösgen SO sprach dagegen zwei Ingenieure und den Bauleiter frei.
Die 66-jährigen Zwillingsbrüder wurden wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässigen Verursachens eines Einsturzes und wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Das Verschulden der beiden Männer wiege schwer, sagte Amtsgerichtspräsidentin Eva Berset am Dienstag bei der Eröffnung der Urteile.
Der Kaufmann und der Gartenarchitekt hatten es laut Gericht unterlassen, die massiv zu hohe Erdüberschüttung auf der Decke der Tiefgarage abzutragen. Dieser Fehler sei ihnen seit 1990 bekannt gewesen. Als Werkeigentümer hätten sie «ein hohes Mass an Verantwortung» gehabt.
Nach den noch nicht rechtskräftigen Urteilen müssen die beiden Bauherren auch Schadenersatz und Genugtuung leisten. Die Höhe der Summe ist noch offen. Zudem haben sie einen Teil der Gerichtskosten, je 120'000 Franken, zu bezahlen.
Überbauung als Investitionsobjekt
Berset warf dem Gartenarchitekten eine «gewisse Gleichgültig» vor. Er habe sich darauf verlassen, «dass schon nichts passieren» werde. Er hatte sich aus gesundheitlichen Gründen vom Prozess dispensieren lassen. Er lebt in Kanada.
Der in Luzern lebende Kaufmann hatte sich am sieben Tage dauernden Prozess an fast nichts mehr erinnern können. Er habe sich «nie Gedanken gemacht», weshalb die Decke der Tiefgarage eingestürzt sei, sagte er aus.
Für die Brüder war die Überbauung «Staldenacker» in Gretzenbach ein Investitionsobjekt gewesen. Sie verkauften die Anlage 1994 im Stockwerkeigentum.
Der Staatsanwalt hatte den beiden «Profitmaximierung» vorgeworfen und Freiheitsstrafen von je 22 Monaten gefordert. Die Verteidigung verlangte Freisprüche.
Grösstes Feuerwehrunglück
Beim Einsturz der Tiefgarage waren am 27. November 2004 sieben Feuerwehrmänner ums Leben gekommen. Sie standen im Einsatz, um einen Autobrand in der unterirdischen Einstellhalle zu löschen. Es ist das bisher grösste Feuerwehrunglück der Schweiz.
Gemäss Gutachten eines Experten war nicht der Brand die Ursache des Einsturzes, sondern die zu hohe Erdüberschüttung auf der Betondecke. Es gibt «kein Mitverschulden der Feuerwehr», sagte Berset.
Drei Angeklagte freigesprochen
Das Amtsgericht sprach drei weitere Angeklagte von allen Vorwürfen frei. Es handelt sich um den Ingenieur, seinen Vorgesetzten sowie um den Bauleiter. Die Anklage hatte bedingte Freiheitsstrafen von 14 bis 18 Monaten gefordert, die Verteidigung Freisprüche.
Die drei Männer im Alter zwischen 58 und 84 Jahren wussten zwar, dass die Decke Risse hat, wie Berset festhielt. Sie hätten die Bauherren sogar darüber informiert, dass zu viel Erde aufgetragen worden war. Deshalb hätten sie ihre Sorgfaltspflicht nicht verletzt.
Der 58-jährige Ingenieur hatte als einziger Angeklagter eine Mitverantwortung zugegeben. Er räumte ein, dass seine Berechnung der Statik der Einstellhalle falsch gewesen sei. Dieser Fehler und die von Fachleuten nachträglich festgestellten Baumängel sind jedoch längst verjährt.
Viele Fehler sind verjährt
Beim Strafprozess im Ratssaal des Oltner Stadthauses stand daher die Frage im Zentrum, ob die Angeklagten Handlungen unterlassen hatten, um den drohenden Deckeneinsturz zu verhindern. Diese Handlungen sind gemäss Gericht erst in einem Jahr verjährt, also sieben Jahre nach dem Unglück.
Die offensichtlichen Bau- und Berechnungsfehler beim Errichten der Überbauung von 1990 sind nach einem Entscheid des Solothurner Obergerichtes längst verjährt.
Staatsanwalt Rolf von Felten zeigte sich mit den Schuldsprüchen gegen die beiden Bauherren «zufrieden». Das Gericht habe die strafrechtliche Verantwortung der beiden festgestellt.
Ob die Freisprüche angefochten werden, entscheidet der Oberstaatsanwalt. Offen ist auch, ob die Verteidigung die Schuldsprüche akzeptieren wird. Die schriftliche Begründung der Urteile wird gemäss Amtsgericht rund 200 Seiten dick sein.
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