Zum Geburtstag einen Strauss Blumen
In China werden gute Arbeitskräfte knapp. Die Unternehmen lassen sich darum einiges einfallen, um die besten Mitarbeiter anzulocken. Die Deutschen und die Amerikaner legen sich am meisten ins Zeug.

Chinesische Arbeiter sind billig und in überwältigender Zahl vorhanden, sie sind arm, ausgebeutet und schuften für Hungerlöhne. Soweit das Vorurteil, das sich im Westen verfestigt hat. Vor zehn Jahren mag daran noch manches wahr gewesen sein, doch wer heute deutsche Unternehmen in China fragt, hört Erstaunliches. Es gibt Millionen von Absolventen, dennoch suchen die Arbeitgeber händeringend nach geeignetem Personal.
«Der Fachkräftemangel ist da», sagt Qinghao Zheng, China-Präsident des deutschen Mittelständlers Rittal, einem der führenden Hersteller von Schaltschränken. Wer zum Beispiel einen bestimmten Maschinentyp gut bedienen könne, sei sehr gefragt.
Junge Ingenieure wollen angelernt werden
Die hohe Zahl von Absolventen heisse nicht, dass alle sofort sinnvoll in Betrieben einsetzbar sind. Die oft sehr theoretische Ausbildung bringt es mit sich, dass zum Beispiel junge Ingenieure sich erst einmal an die praktischen Seiten ihres Berufes gewöhnen müssen – und das dauert. Die Unternehmen bauen systematisch ihre Kooperationen mit Schulen und Universitäten aus, um möglichst früh den Kontakt zu geeigneten Bewerbern zu bekommen.
Vor zehn Jahren hätten die Kosten für einen ungelernten Arbeiter noch bei umgerechnet 100 Euro pro Monat gelegen, erklärt Christoph Caselitz, Rittal-Geschäftsführer für den internationalen Vertrieb. Mittlerweile seien es in Metropolregionen wie Shanghai, wo auch die China-Niederlassung seines Unternehmens produziert, schon 300 bis 500 Euro.
Shanghai ist eine Marke
Bei allem Klagen über steigende Kosten wird China noch viele Jahre ein vergleichsweise günstiger Standort bleiben. Während die Arbeitskosten dort bei 2,70 Euro pro Stunde liegen, übersteigen sie in Deutschland 30 Euro, wie Helmut Schöneberger vom Ventilatorhersteller EBM-Papst vorrechnet. Der Geschäftsführer der China-Niederlassung mit Sitz in Shanghai erklärt auch, wieso sich sein Unternehmen für die Metropolregion und gegen eine Abwanderung in günstigere Regionen weiter westlich entschieden hat.
«Die jungen, qualifizierten Ingenieure wollen hier arbeiten. Shanghai ist ein Name», sagt Schöneberger. Ausserhalb der grossen Zentren sei die Arbeitskraft mittlerweile ähnlich teuer, dabei aber die Gefahr noch grösser, dass die Mitarbeiter schnell wieder wegziehen.
Hohe Fluktuation macht Unternehmen zu schaffen
Wenn Arbeit im Überfluss vorhanden ist, ist auch die Verlockung gross, für ein paar Yuan mehr die Stelle zu wechseln. Unternehmen in China macht die hohe Fluktuation schwer zu schaffen. Manche Firmen müssen innerhalb von zwölf Monaten mehr als jeden vierten Angestellten ersetzen. Mit jedem Mitarbeiter geht auch die Erfahrung, die er in dem Unternehmen erworben hat.
Um diesem Problem Herr zu werden, müssen Unternehmen ein vernünftiges Gehalt und gute Sozialleistungen bieten. «Aber das ist auch nicht alles», sagt Caselitz. Qinghao Zheng erklärt: «Die Kleinigkeiten sind wichtig.» So bekämen Mitarbeiter zum Geburtstag einen Strauss Blumen. Der chinesischen Mentalität entspricht es, wenn ein Angestellter nicht nur für Geld ins Unternehmen kommt, sondern es eine ganzheitliche Beziehung gibt. Die durchschnittliche Fluktuation bei ungelernten Arbeitern liege bei Rittal China bei 13 Prozent.
Deutsche und amerikanische Unternehmen geniessen meist den besten Ruf, wie Gu Jiandang erklärt, der China-Präsident des deutschen Mittelständlers Phoenix Contact in Nanking. «Bei der Vergütung sind wir nicht am besten. Aber unsere Art, mit den Mitarbeitern umzugehen, könnte die beste sein.» Ein ausgewogener Umgang schliesse die faire Behandlung durch Vorgesetzte ebenso ein wie eine gute Werkskantine. Unternehmen, die anders als Weltkonzerne wie Daimler oder Siemens nicht einer breiten Masse bekannt seien, müssten sich ihr Renommee erst erarbeiten.
dapd/fko
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