Von Deborah Bucher, Fällanden
Von Deborah Bucher, Fällanden Myriam Casanova gab unumwunden zu, dass sie den Titel – ihren zweiten nach der Ära als junge Profispielerin – auch einfacher hätte gewinnen können. Dankbar dafür wären in erster Linie ihr Körper und die grosse Fanschar gewesen, die am Züri Oberland Open die Hälfte der 400 Zuschauer ausmachte. Doch weil das Spiel der St. Gallerin Zäsuren unterworfen war, strapazierte sie beim 6:3-6:4-Finalsieg die Nerven ihrer Anhänger und eben auch ihr sportliches Kapital. Casanova hat erst kürzlich einen Bänderriss am Fuss auskuriert. Unmittelbar vor Fällanden bestritt sie ein Turnier in Dijon (Halbfinal als Qualifikantin) und damit 11 Matches in 16 Tagen. «Ich spüre die hohe Belastung. Die Blessuren haben sich verschoben», klagt sie. Nebst der rechten Schulterpartie schmerzt der untere Teil ihres Schlagarms. Ihre mangelnde Effizienz führte Casanova (WTA 802) auf eine schlechte Angewohnheit zurück. «In Führung liegend, haue ich oft nur noch drauf», hadert sie. So gab sie gegen Diana Marcinkevica (554) einen frühen Breakvorsprung umgehend preis. Im achten Game nahm sie der Lettin den Aufschlag zum zweiten Mal zum 5:3 ab. Nach knapp 30 Minuten verwertete sie den zweiten Satzball souverän – im kraftvollen Grundlinienspiel sind Laufbereitschaft und ein sichtbares Konzept zurückgekehrt, zudem erreichte sie mit dem Service wieder verlässlichere Werte. «Ich habe bewusst das Tempo gedrosselt und mit längeren Ballwechseln die Gegnerin dazu gezwungen, dass auch ihr Eigenfehler unterlaufen», veranschaulicht sie die Taktik. Sitzstreik und andere Mätzchen Der zweite Satz brachte der Schweizerin wiederum eine schnelle 2:0-Führung. Dann folgte ein erneuter Einbruch, allerdings nicht provoziert durch die medizinische Auszeit, die die Osteuropäerin sich ausbedungen hatte (Casanova: «Solche Mätzchen regen mich schon gar nicht mehr auf.»). Die 26-Jährige handelte sich erst später einen erstmaligen Rückstand (2:3) ein, nachdem sie ihrer Widersacherin im fünften Versuch das Rebreak zugestehen musste und zuvor drei eigene Chancen zum Spielgewinn ungenutzt gelassen hatte. Doch Casanova, die nun variantenreicher agierte, sogar vereinzelt am Netz auftauchte, befreite sich auch aus dieser und einer weiteren heiklen Situation. Nachdem ihr im siebten Game der vierte Servicedurchbruch gelungen war, konnte sie diesen erneut nicht bestätigen. Mit dem 4:4-Ausgleich hatte Marcinkevica aber ihre Möglichkeiten ausgeschöpft. Casanova dagegen konnte die Messlatte, die GC-Spielerin Amra Sadikovic bei der Turnierpremiere aus Schweizer Optik gesetzt hatte, hoch halten. Im Viertelfinal schaltete sie die Vorjahressiegerin gleich selbst aus – mit viel Aufwand und einem 7:6, 7:6. Bei den Männern wiederholte Sandro Ehrat (ATP 757) seinen Finaleinzug von 2010. Gegen Holger Fischer (570/D) zeigte er eine reife Leistung und verlor gleichwohl 6:7 (7:9), 2:6. Das Duell beinhaltete eine geballte Ladung an Emotionen und sogar einen Sitzstreik. In der Endphase des zweiten Durchgangs weigerte sich das erst 20-jährige GC-Mitglied, die Partie fortzusetzen, weil der Unparteiische aus seiner Sicht einen Ball abermals zu Unrecht im Aus gesehen hatte. Ehrat verlangte nach dem Supervisor, der ihn wieder beruhigen konnte. «Ärgerlich, denn der Schiedsrichter hat mich schon um den ersten Satz betrogen», entfuhr es ihm. Dieser beurteilte bei 7:6 im Tiebreak und einem Satzball Ehrats eine Vorhand hinter der Linie. Nach einer Korrektur auf Kurs Keinerlei Abstriche musste Turnierorganisator Mirko Grundl bei seinem Fazit machen und fasste sich deshalb kurz: «Eine gelungene Sache, die uns durchwegs positive Rückmeldungen eintrug.» Er verspricht sich vom Züri Oberland Open einen Startschuss, um sich mittelfristig zu etablieren. Gleich tönte es vor einem Jahr bei der Erstauflage, die noch in Wetzikon stattgefunden hatte. «Der Umzug ist logistisch zu begründen, weil uns in Fällanden eine grössere Halle zur Verfügung stand. Im zweiten Anlauf wurde der richtige Standort aber gefunden», versichert er. Neu in Schwung gekommen ist auch Casanovas Karriere. Früh mit 20 Jahren gab die einstige Weltnummer 45 im Jahr 2005 ihren Rücktritt – nach einem Titel am WTA-Turnier in Brüssel und dem Halbfinalvorstoss im Doppel in New York beim US Open. Seit 2007 kämpft sie sich schrittweise zurück, und seit letztem Herbst trainiert sie wieder voll in Biel am Leistungszentrum von Swiss Tennis. «Ein Comeback will ich noch nicht ankündigen. Aber eigentlich wäre es an der Zeit, nochmals anzugreifen», findet sie. Zur Bedingung erklärt sie jedoch, dass sich die verschiedenen Baustellen an ihrem Körper beheben lassen.
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