Uneinigkeit der Nato erschwert den Militäreinsatz in Libyen
Die USA wollen ihre Führungsrolle abgeben, doch die Nato kann sich nicht auf ein Mandat verständigen.
Von Stephan Israel, Brüssel, und Oliver Meiler, Marseille Drei Tage nach Beginn der Luftangriffe gegen das Ghadhafi-Regime gibt es einen offenen Streit um das Kommando, das die USA bald wieder abgeben möchten. Die Botschafter der Nato-Staaten konnten sich nicht auf ein Mandat für den Einsatz einigen. Umstritten ist, ob das Militärbündnis die Führung ganz oder nur teilweise übernehmen soll. Frankreich möchte zusammen mit Grossbritannien und den USA die politische Führung der sogenannten Koalition der Willigen behalten. Die Nato könne eine «unterstützende Rolle» übernehmen, sagte der französische Aussenminister Alain Juppé. Doch Italiens Aussenminister Franco Frattini betont im Einklang mit Norwegen, Belgien und Dänemark, die Nato müsse das Kommando übernehmen. Andernfalls werde Italien seine Flugplätze nicht mehr länger zur Verfügung stellen. Die Arabische Liga dagegen wünscht keine zu sichtbare Rolle des westlichen Militärbündnisses. Das Nato-Mitglied Türkei verzögerte ebenfalls eine Einigung. Die Regierung in Ankara wolle ihren Ruf als Fürsprecherin der arabischen Welt nicht verspielen, sagte ein Diplomat in Brüssel. In Libyen gingen die Kampfhandlungen unvermindert weiter. Die Alliierten griffen auch libysche Panzer im umkämpften Osten des Landes sowie Kommandostrukturen des Regimes in Tripolis an. Im Zug der internationalen Offensive gelang es den Aufständischen, wieder etwas Boden gutzumachen. In Ajdabiya, einer Schlüsselstadt zwischen Benghazi und Sirte, kam es zu schweren Kämpfen, bevor Ghadhafis Truppen die schlecht trainierten und bewaffneten Rebellen zurückdrängen konnten. Eine Bombe der alliierten Streitkräfte zerstörte ein Gebäude in der Kaserne von Bab al-Aziziya, dem Hauptquartier des Regimes in Tripolis – nur 50 Meter entfernt von jenem Zelt, in dem Ghadhafi jeweils seine Gäste empfing. Die Koalition beteuerte aber, sie habe weder die Absicht noch das Mandat, den libyschen Herrscher zu töten. Mehrere Quellen berichteten, dass Ghadhafis jüngster Sohn Khamis, Kommandant einer Elitetruppe, nach einer Attacke eines desertierten Piloten gestorben sei. Der Kamikaze hatte seine Maschine auf ein Ziel im Innern der Kaserne von Bab al-Aziziya gesteuert. Die Familie bestätigte den Tod nicht. Ghadhafi appellierte an seine Anhänger, zu Tausenden unbewaffnet und mit Olivenzweigen in den Händen nach Benghazi zu marschieren. Der Einsatz der Zivilbevölkerung scheint eine Taktik zu sein. Im heftig umkämpften Misrata, der drittgrössten Stadt des Landes, schickte das Regime seine Anhänger als menschliche Schutzschilder in die Strassen, um Bombardements der Alliierten und Angriffe der Rebellen zu verhindern. Bildlegende.Foto: Vorname Name, Agentur Der Krieg in Libyen Kommentar: Eine gemeinsame europäische Aussenpolitik liegt in Trümmern. –Seite 2 US-Präsident Obama muss zu Hause Kritik am Vorgehen in Libyen einstecken. –Seite 3
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