Das richtige Benzin zum Fliegen
Jürg Hösli, Ernährungsberater der Kloten Flyers, stellt sicher, dass die Spieler genügend Energie haben.
Von Claudia Blasimann Was die SCL Tigers im Spätsommer 2009 auf ihrer Website publizierten, war zum Neidischwerden: Innert weniger als zwei Monaten hatten die Spieler im Durchschnitt 4,6 Kilogramm Körperfett verloren und gleichzeitig 7,1 Kilogramm an Muskeln aufgebaut. Die Werte der Langnauer machten auch andere Klubs auf den Mann aufmerksam, der dafür (mit-)verantwortlich war: Jürg Hösli. Bereits seit acht beziehungsweise fünf Jahren betreut der Winterthurer mit Patrick von Gunten und Michael Liniger zwei Spieler der Kloten Flyers – seit dem vergangenen Sommer hat er bei den Zürchern ein Vollmandat. Gespräche mit dem SC Bern, der ihn für die Future-Abteilung engagieren wollte, zerschlugen sich. Grundsätzlich kann sich Hösli, der von sich selber sagt, «mein Herz ist in Langnau», durchaus vorstellen, im Nachwuchsbereich für zwei Vereine in derselben Region zu arbeiten – im Gegensatz zur NLA. In Kloten kümmert sich Hösli neben der 1. Mannschaft auch um die Junioren, rund 150 Spieler können seine Dienste in Anspruch nehmen. Hösli analysiert jeden Spieler, misst die Anteile von Muskeln, Fett und Wasser im Körper und führt Gespräche. «Ernährung ist auch ein psychologisches Thema», sagt der ehemalige Tischtennis-Nationalliga-Spieler und Speerwerfer, der neben Germanistik, Geschichte und Ernährungswissenschaft auch pädagogische sowie Kognitions-Psychologie studiert hat. «Es ist wichtig, alles offen ansprechen zu können.» Rund um die Uhr verfügbar In seinem «Revier», im Sanitätszimmer der Kolping-Arena, finden die Besprechungen deshalb unter vier Augen statt. Und ist er nicht vor Ort, weil er vom Schwingen über Ultracycling bis zur Formel 1 auch in anderen Sportarten tätig sowie Inhaber von zwei Firmen ist, so ist er per Telefon, Facebook oder Skype «rund um die Uhr» für die Athleten da. Die wichtigsten Werte der Spieler sind für Hösli der Anteil des Körperfetts, sowie die Muskulatur im Verhältnis zur Körpergrösse. Rund 100 NLA-Eishockeyspieler hat der 40-Jährige in den vergangenen Jahren getestet, und jedes Mal eine Art BMI berechnet (Körpergewicht minus Fettanteil, geteilt durch die Körpergrösse im Quadrat). Er ist dabei auf einen Durchschnittswert von 24 gestossen. «Ist ein junger Spieler bloss bei 17 oder 18, wird er ganz einfach umgemäht.» Einerseits kann Hösli aufgrund der Werte abschätzen, ob ein Junior schon bereit ist für Einsätze in der höchsten Spielklasse, andererseits kann er Verletzte (Beispiel Marc Welti) zurückführen. So geschehen beispielsweise beim 20-jährigen Sebastian Sutter, der in dieser Saison 17,9 kg Fett ab- und 6,5 kg Muskelmasse aufbaute, oder der gleichaltrige Samuel Keller, der innert drei Monaten 11 Kilo zulegte – und sich in Spiel 2 des Viertelfinals gegen die ZSC Lions unter die Torschützen einreihte. Sein Einfluss darauf, ob jemand ein Tor erziele oder nicht, sei «gleich null», sagt Hösli. Ob ein Spieler allerdings den Sprung in die NLA schafft oder ob es von der Physis her nur für die 1. Liga reicht, kann er beeinflussen. Es beginnt in der Vorbereitung Höslis Antrieb für seine Arbeit ist, dass die Spieler durch richtige Ernährung mit mehr Energie auf dem Eis arbeiten können und gleichzeitig weniger verletzungsanfällig sind. Der Grundstein dafür wird in der Vorbereitung gelegt, wo die Ernährung mit einem individuell angepassten Kraftprogramm kombiniert wird: «Ein Muni kann gleich an Schnelligkeit und Spritzigkeit arbeiten – ein Zahnstocher muss zuerst an Masse zulegen.» Die Kommunikation mit dem Konditionstrainer – in Kloten der ehemalige Spieler Frédéric Rothen – sei dabei enorm wichtig: «Wird ein Spieler unbeweglich oder ist übermüdet, müssen wir in beiden Bereichen sofort reagieren.» Die Arbeit im Kraftraum, «das Schräubeln am Motor», muss auch während der Saison fortgesetzt werden – was wiederum nur mit einer guten Ernährung möglich ist. Denn: «Auch das Benzin muss stimmen, damit man das Krafttraining neben den Matchs durchbringt.» Riegel, Getränke, Shakes Im Playoff sei nun ersichtlich, wer vorher gut gearbeitet habe: «Die sind fitter und wacher, haben mehr Substanz. Die fliegen nun.» Im Unterschied zur Qualifikation geht es jetzt nur noch um eines: Energie. Und die muss jeweils so schnell wie möglich wieder nachgefüllt werden, was am besten in flüssiger oder kompakter Form möglich ist. Riegel, Getränke und Shakes stehen für die Spieler in der Garderobe bereit. Gemeinsam mit Physiotherapeut Thomas Ritter hat Hösli ein Programm entwickelt, was wann in welcher Menge angebraut werden muss; die Spieler selber müssen wissen, wann sie wie viel wovon brauchen. Das gilt ebenfalls für das «normale» Essen zu Hause. Ohne Nahrungsergänzungsmittel geht es allerdings nicht. Und daneben macht Hösli auch klar: «Eine Suppe für Talent gibt es nicht.» Und das entscheidet am Ende halt auch über Tor oder nicht Tor, Sieg oder Niederlage, Weiterkommen oder Ausscheiden. Früchte,Spaghetti und Messgeräte: Jürg Höslianalysiert die Werte der Spieler Patrick von Gunten (l.) und Marc Welti (r,) und stellt Esspläne zusammen.Foto: Katja Fischer
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch