zÜri rÄnnt
Fast 100 000 Leute gehen in Zürich regelmässig joggen. Wieso eigentlich? Wir haben bei Experten wie dem ehemaligen Spitzenläufer Markus Ryffel nachgefragt und empfehlen vier Laufstrecken in der Stadt.
von emil bischofberger (text) und john patrick walder (Bilder) Mit der Ruhe ist es am Sonntagmorgen rund ums Seebecken vorbei. 3900 Läuferinnen und Läufer starten am Zürich Marathon. Bereits zum neunten Mal wird Zürich für einen Tag zum Zentrum des Schweizer Laufsports. Mit diesem Titel darf die Stadt auch an den weiteren 364 Tagen kokettieren. Denn die Lauffreude der Stadtzürcher ist belegt, auch wenn der Läufer per se Individualist ist, nur selten einem Sportverein angehört und damit schwer fass- und zählbar ist. Vor drei Jahren erstellte das Sportamt eine Studie über die Sportbegeisterung der Stadtbewohner, und die erhobenen Zahlen sind eindrücklich. Laut der repräsentativen Umfrage treiben drei von vier Stadtzürcherinnen und -zürchern mindestens einmal pro Woche Sport. Der Schweizer Durchschnitt liegt laut Studie bei 66,7 Prozent. Jeder Vierte geht regelmässig joggen – hochgerechnet sind das rund 94 000 Läuferinnen und Läufer. Beliebter sind nur die Disziplinen des «helvetischen Triathlons: Radfahren, Schwimmen, Wandern». Ins Fitnesstraining gehen gemäss Umfrage umgerechnet gut 82 000 Leute.Was also macht das Laufen derart attraktiv? Markus Ryffel weiss es: «Wenn ich laufen gehe, werde ich belohnt: mit einer Sauerstoffdusche. Nach 30, 40 Minuten laufen bin ich so wach, dass ich den Eindruck habe, ich sei den meisten Leuten, denen ich danach begegne, einen Schritt voraus», sagt der einstige Olympiasilber-Gewinner über 5000 m (Los Angeles 1984). Ryffel ist der Schweizer Laufpromoter schlechthin. Er besitzt mehrere Lauffachgeschäfte, organisiert den Greifensee- und den Berner Frauenlauf und Marathonreisen ins Ausland. So auch am kommenden Wochenende. Da läuft der 54-Jährige, der auch heute noch drei- bis viermal pro Woche die Laufschuhe schnürt, mit Kunden den gleichzeitig zu Zürich stattfindenden London Marathon. Wie erlebte Markus Ryffel die Entwicklung des Laufsports in den letzten Jahren? «1999 nahmen 7319 Personen am Greifenseelauf teil. 2010 waren es 12 000. In diesen Dimensionen haben sich auch andere grosse Läufe in der Schweiz entwickelt», sagt er. Der typische Läufer ist Individualist, denn genau das ist der grosse Vorteil seiner Sportart. Sie lässt sich dann ausüben, wenn man gerade Zeit hat. Egal wann, egal wo. Doch auch unter den Läufern gibt es solche, die den Sport gemeinsam ausüben. Zum Beispiel im Rahmen von Cityrunning. Viermal wöchentlich bietet die Organisation in der Stadt geführte Lauftreffs an. Teilnehmen kann jeder, unentgeltlich und ohne Verpflichtung. Initiant dieser Laufbewegung ist Robert Peterhans. Weil er mit Cityrunning nicht primär die klassischen Läufer ansprechen will, sondern auch «die Jungen, die untypischen, nicht vereinsorientierten Menschen», spricht er konsequent vom «Joggen» und nicht vom «Laufen». 1200 Interessenten haben den Cityrunning-News-letter abonniert, 300 bis 400 Leute schliessen sich regelmässig einer der Laufgruppen an. 100 bis 150 Leute nehmen das Angebot wöchentlich wahr. Was Peterhans auffällt: Viele Neuzuzüger schauen bei Cityrunning vorbei, sie schätzen die Möglichkeit, die Stadt so besser kennen zu lernen. Aber auch der langjährige Bewohner erlebt laufenderweise die Stadt immer wieder neu. Etwa wenn er einmal quer zu den einzelnen Tramlinien durch die Quartiere rennt. Strassen, Plätze und Lokale tauchen so in ganz neuen Reihenfolgen auf. Im Wald oder entlang von Zürichsee, Sihl oder Limmat läuft sowieso immer wieder ein anderer Film, je nach Wetter oder Jahreszeit. Auch Robert Peterhans schwärmt vom Zürcher «Mix aus Asphalt, Naturwegen und Wald, der sich ideal zum Joggen eignet». Und Bruno Lafranchi, ehemaliger Spitzenläufer und heutiger Organisator des Zürich Marathon und des Silvesterlaufs, sagt: «In Zürich kann man an jedem Ort den Zirkel einstecken und einen Kreis ziehen. Von überall aus ist man innert weniger Minuten im Grünen – auch von ‹Downtown› aus.» Dem Läufer stellt die Stadt ein umfangreiches Laufangebot bereit (siehe Seite 7).Doch auch wenn ein Lauf durch den Wald oder durchs Quartier das Hirn durchlüftet, so schafft es nicht einmal der grösste Lauf-Enthusiast, jederzeit hoch motiviert und vor allem schön regelmässig laufen zu gehen. Jeder tut sich ab und an schwer. Der erfahrene Sportler aber kann sich überlisten. «Wenn ich weiss, dass frühmorgens mein Nachbar bei der Post für die gemeinsame Laufrunde auf mich wartet, kann ich mich nicht noch einmal im Bett drehen und weiterschlafen», sagt Markus Ryffel, bei dem man solche externe Motivationshilfe eigentlich nicht für nötig halten würde. Cityrunning-Initiator Peterhans findet gar: «Ich mache seit zehn Jahren die gleiche Erfahrung: Ich komme immer, wirklich immer mit einem guten Körpergefühl vom Joggen zurück. Trotzdem muss ich mich das nächste Mal wieder überwinden.» Die Motivationsbremse heisst Routine. Und als Bewegungsform ist Laufen eintönig. Das aber ist nicht negativ. Die Monotonie bringt erst die Musse, die es braucht, um die Gedanken schweifen zu lassen und die Umwelt aktiv wahrzunehmen.Das weiss auch Regierungsrat Thomas Heiniger. Er habe alle Zürich Marathons bestritten und gehöre stets zu den Ersten, die sich fürs kommende Jahr wieder anmelden, weiss Organisator Bruno Lafranchi. «Heiniger sagte mir einmal: ‹Wenn ich mich nicht anmelde, habe ich immer den Job als Ausrede. So aber weiss ich: Trainiere ich nicht, leide ich am Marathon.›» Lafranchi hält das für ein gutes Konzept: «Man hat den Wettkampf als Ziel und treibt so leichter Sport.» Und was ist für ihn für seine Arbeit als Zürcher Marathon-Chef die grösste Motivation? Die vielen glücklichen Gesichter beim Zieleinlauf zu sehen – das sei für ihn jeweils der Lohn für «all die durchkrampften Nächte», sagt Lafranchi. Ein anderes Bild ist für ihn aber fast noch stärker: «Wenn am Silvesterlauf auch das unsportlichste Kind eine Medaille umgehängt erhält und ich seine verzückten Blicke sehe. Selbst ein Olympiasieger schaut nicht glücklicher aus, wenn er sein Edelmetall anschaut.» «Wenn ich laufen gehe, werde ich belohnt: mit einer Sauerstoffdusche.» Auch im urbanen Raum lässt es sich joggen: Unterwegs durch die Parks von Zürich-Nord (siehe Seite 7). Verlosung Der Züritipp verlost3×1 buch «Lauffieber» von Thomas Renggli, mit Tipps von Markus Ryffel (Neuerscheinung bei Faro im Fona-Verlag). Schicken Sie ein SMS mit dem Kennwort LAUFEN, Name und Adresse bis Montag, 18.4., 16 Uhr, an die Nummer 4488 (1 Franken pro SMS). Gratis per Mobile: http://wapteilnahme-online.vpch.ch/ZUR72331
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