Zuckerberg arbeitet am Super-Netzwerk
Wo Internet draufsteht, soll Facebook drin sein: Nach dem Willen von Mark Zuckerberg wird sein Netzwerk bald zum Mittelpunkt aller Online-Aktivitäten. Er ist seinem Ziel schon beängstigend nah gekommen.

Wer wissen will, wie Mark Zuckerberg zu seinem Vermögen gekommen ist, der sollte versuchen, eine Anzeige bei Facebook zu schalten. Der Link dazu («Werbeanzeige erstellen») findet sich auf fast jeder Seite des sozialen Netzwerks - und bietet mit wenigen Mausklicks erstaunliche Einblicke in das Herzstück des US-Unternehmens, das vor dem Gang an die Börse steht: die gigantische Sammlung an Nutzerdaten.
Facebook bietet die Möglichkeit, exakt festzulegen, wer eine Anzeige sehen soll. Was unter dem Fachbegriff «Targeting» firmiert, kann in der Praxis beispielsweise so aussehen: Die Zielgruppe ist weiblich, nicht älter als 25 Jahre, wohnt nicht weiter als 80 Kilometer von Zürich entfernt und hat den Beziehungsstatus «verlobt» hinterlegt.
Ein Zürcher Fachgeschäft für Brautmode könnte diese Nutzer also sehr gezielt mit einer Anzeige versorgen. Zuckerbergs Firma bekommt für Vermittlungen dieser Art eine Provision. Zweieinhalb Milliarden Euro waren es für Werbung allein im Jahr 2011. Zuckerberg will mehr.
Facebook will immer da sein
Voraussichtlich an diesem Freitag (18. Mai) wird die New Yorker Börse damit beginnen, Aktien von Facebook auszugeben. Bis zu zehn Milliarden Euro soll der erste Schwung einbringen. Doch was will Zuckerberg eigentlich, der die Seite 2004 als Student in Harvard startete und noch bis heute im Detail steuert? Wovon träumt er?
Investoren hat Zuckerberg, der an diesem Montag 28 Jahre alt wurde, seine Vision schon einmal verraten - in einem frei zugänglichen Film zum Börsengang. «Wir werden an den Punkt kommen, an dem nahezu jede App, die Sie nutzen, an Facebook angeschlossen ist», erklärt der Gründer. Facebook soll also der Mittelpunkt aller Netz-Aktivitäten werden. Dem Netzwerk soll keine Aktivität im Web mehr entgehen.
In seiner erst achtjährigen Geschichte ist Facebook seinem Ziel bereits sehr nah gekommen. Fast eine Milliarde Menschen auf der Welt tauschen sich bereits auf dem Portal aus. Sie legen Fotoalben an, pflegen ihre Lebensläufe und organisieren Partys über die Plattform oder verbringen dort ihre Zeit mit Spielen.
Surfverhalten im Visier
Dabei weiss Facebook nicht nur, welche Musik seine Nutzer gerne hören, wo sie studiert, gewohnt, gearbeitet und Urlaub gemacht haben. Die zentrale Datenbank «Open Graph» breitet sich längst in das ganze Internet aus: Immer mehr Nachrichten- und Shoppingseiten integrieren den «Gefällt mir!»-Knopf - und listen zugleich auf ihrer Seite auf, welche Artikel oder Produkte die Bekannten eines Nutzers empfehlen. Facebook spricht dabei von einer «Win-Win-Situation». Das Netzwerk gewinnt damit vor allem eines: immer detailliertere Daten.
Für die potenziellen Anleger hat Facebook aber noch weitere Modelle in der Mache. Anbieter von Zusatzdiensten, sogenannten Apps, können bei Facebook bisher nur innerhalb ihrer Angebote etwas an die Nutzer verkaufen - beispielsweise Zusätze für laufende Spiele. Noch in den nächsten Wochen aber will Facebook einen eigenen App-Store starten. Anbieter werden dann für Miniprogramme direkt Gebühren verlangen können. Umsätze, von denen Facebook wiederum ein Drittel einbehält.
Dem Datenschutz zum Trotz
Vor dem Börsengang wirkte Zuckerberg, der stets in T-Shirt oder Kapuzenpulli auftritt, an einer TV-Produktion mit. Das Gespräch zeigte hierzulande zunächst die ARD. Pünktlich zur avisierten Aktienplatzierung sendet an diesem Mittwoch N24 das Gespräch («Die Facebook-Story»). «Viele Menschen haben bei uns bereits ein Grossteil ihrer Lebensgeschichte ausgebreitet», sagt Zuckerberg darin - allen laufenden Datenschutzdebatten zum Trotz.
Wie sich Menschen ködern lassen, weiss der Gründer des bislang mit grossem Abstand erfolgreichsten sozialen Netzwerk dabei sehr genau. Zuckerberg immerhin hat in Harvard nicht nur einfach Informatik studiert. Er nahm auch Stunden in Psychologie. Heute sagt Zuckerberg wie selbstverständlich: «Die meisten erkennen doch, dass soziale Netzwerke überall sein werden. Sie bringen Milliarden zusammen.»
Wette auf den Erfolg
Investoren sollen nun wetten, ob Zuckerberg auf der Erfolgswelle bleibt. Ob Facebook die Skepsis von Datenschützern und sensiblen Nutzern zerstreuen kann. Ob Facebook bei sozialen Netzwerken das Rennen gegen den Internet-Giganten Google gewinnen kann, der mit «Google Plus» derzeit immerhin seine eigene Plattform ausbaut.
Investoren müssen letztlich entscheiden, ob sie Mark Zuckerberg noch viel mehr zutrauen, als er in den bisherigen acht Jahren mit Facebook schon erreicht hat. Zuckerberg arbeitet derweil weiter an seinem Super-Netzwerk: Wo Internet draufsteht, soll Facebook drin sein.
dapd/fko
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