«Zivilisten, Zivilisten, Zivilisten – und schon wird Libyen angegriffen»
Die Truppen Ghadhafis sind bis in die Innenstadt der Rebellenhochburg Misrata vorgestossen. Saif al-Islam, der Sohn des Machthabers, beschuldigt derweil den Westen der Kriegspropaganda.

Ein Sohn von Libyens Machthaber Muammar al-Ghadhafi hat Vorwürfe über Gewalt gegen regierungskritische Demonstranten und Zivilisten zurückgewiesen. «Wir haben keine Verbrechen gegen unser Volk begangen», sagte Saif al-Islam der Zeitung «Washington Post» in einem Interview, das am Sonntag veröffentlicht wurde. Berichte, wonach Sicherheitskräfte zu Beginn der Unruhen im Februar auf Demonstranten geschossen hätten, verglich er mit den Vorwürfen vor Beginn des Irakkriegs, wonach der damalige irakische Diktator Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besass.
«Massenvernichtungswaffen, Massenvernichtungswaffen, Massenvernichtungswaffen – und schon wird der Irak angegriffen», sagte Saif al-Islam. «Zivilisten, Zivilisten, Zivilisten – und schon wird Libyen angegriffen.» Die Behauptung der USA, Saddam Hussein habe Massenvernichtungswaffen besessen, hatte sich nach dem Einmarsch im Irak 2003 als falsch herausgestellt.
Saif al-Islam spricht von Terroristen
Saif al-Islam wies auch Berichte der Vereinten Nationen, von Ärzten, ausländischen Journalisten und Menschenrechtlern zurück, wonach in der umkämpften Hafenstadt Zivilisten von Ghadhafi-Soldaten getötet wurden. «Das ist nicht passiert. Das wird nie passieren.» Die USA sollten Libyen bei der Bekämpfung des Terrornetzwerks al-Qaida unterstützen. Sobald die «Terroristen» in Misrata und der Rebellenhochburg Benghazi besiegt seien, werde die Macht seines Vaters in einer neuen Verfassung beschränkt.
Ein Sprecher Ghadhafis sagte am Sonntagabend, die Beteiligung al-Qaidas an der Rebellion sei «bewiesen». Es gebe Informationen, wonach ein Al-Qaida-Anführer sich mit rund zwei Dutzend bewaffneten Kämpfern von Benghazi aus auf den Weg nach Misrata gemacht habe. «Es wäre sehr gefährlich, wenn diese Leute sich in unserem Land festsetzten, seine Zukunft und seine unglaublichen Reichtümer kontrollierten, und das so nahe von Europa», sagte der Sprecher.
Ghadhafis Truppen auf dem Vormarsch in Misrata
Derweil ist es den Truppen Ghadhafis gelungen, nach tagelangen Kämpfen bis ins Zentrum Misratas vorzudringen – der einzigen von Rebellen gehaltenen Stadt im Westen des nordafrikanischen Landes. Sie hätten dabei schwere Waffen eingesetzt und würden von Scharfschützen unterstützt, berichteten Einwohner und ein Aktivist. Mindestens 17 Menschen seien allein am Sonntag getötet worden.
Der Aktivist Rida al-Montasser sagte über den Internetdienst Skype, in einem Krankenhausbericht sei die Zahl von 17 Toten und 74 Verletzten genannt worden. Ein Mitarbeiter einer Nichtregierungsorganisation, der nach eigenen Angaben das Krankenhaus am Sonntag besuchte, bestätigte die Zahlen. Unter den Toten sei ein Mädchen mit einem Kopfschuss. Unter den Verletzten seien mehrere Kinder. Der Mitarbeiter einer ausländischen Nichtregierungsorganisation wollte aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht genannt wissen.
Montasser sagte, bis in die späte Nacht seien Explosionen in Misrata zu hören gewesen. In Tripolis wies Regierungssprecher Mussa Ibrahim am Sonntag erneut Vorwürfe zurück, Ghadhafis Truppen hätten in Misrata international geächtete Streubomben eingesetzt. Er warf de Nato vor, mit Luftangriffen Partei für die Rebellen ergriffen zu haben. In deren Reihen befänden sich auch Kämpfer des Terrornetzwerks al-Qaida, sagte Ibrahim.
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