Einkehren: Bernerhof in LausenWo die Wurst vom Schwinger kommt
Seit 30 Jahren wirten Jelena und Walter Wyss auf dem Bernerhof. Sie überzeugen mit gradliniger Küche, grossen Portionen und freundlichem Service.

Wow. Eine Fluh von einem Mann. Walter Wyss (57), gelernter Metzger und seit 30 Jahren Wirt auf dem Bernerhof in Lausen, thront am Tisch beim Eingang des Restaurants. Er kaut auf einer trockenen Scheibe Brot herum und sagt zur Begrüssung: «Ich bin mal wieder am Abnehmen. Es nützt wahrscheinlich auch diesmal nichts, fördert aber den Haussegen.»
Beim Anblick seiner kräftigen Hände sind wir froh, dass das Händeschütteln wegen Corona nicht mehr möglich ist. «Vor Corona», sagt Wyss, «konnte ich mit einem kräftigen Händedruck jeden aufmüpfigen Gast in den Senkel stellen.» Kein Wunder, war der Bernerhof-Wirt doch lange Jahre erfolgreicher Nationalturner und Schwinger.
Im Jahre 1961 wurde der Bernerhof von einer Familie Friedli, die aus dem Bernbiet nach Lausen gezogen war, neu erbaut. Darum Bernerhof. Anfänglich stand der Gasthof auf der gegenüberliegenden Seite der Strasse, musste aber dem Neubau der Tonwerk AG weichen. Das im Jahr 1872 gegründete Tonwerk Lausen begann im gleichen Jahr mit dem industriellen Abbau von Tonerde zur Produktion von feuerfesten Erzeugnissen wie Ziegeln und Backsteinen. Die zunehmende Globalisierung führte zu einem kontinuierlichen Preiszerfall, was Anfang der 1990er-Jahre zur Einstellung der betrieblichen Aktivitäten führte. Heute ist das gesamte Tonwerk-Areal in Lausen zu einem reinen Immobilien-Standort mutiert, und die Innenräume sind an verschiedene Unternehmen vermietet.
Reichliche Portionen
Bei unserem Besuch ist das Zelt in der Gartenwirtschaft des Bernerhofs gut besucht. Wir nehmen im Innern des Restaurants Platz und studieren die Menükarte. Meine Begleitung entscheidet sich für Rehschnitzel «Mirza» (für 36 Franken). Ich lasse mich von Kartoffel-Gnocchi an einer Steinpilzrahmsauce, Pinienkernen und frisch geriebenem Parmesan (26 Franken) überraschen.
Wir hätten es wissen müssen: Die Portionen waren, wie es sich für einen kochenden Schwinger gehört, reichlich. Die Rehschnitzel an einer Wildrahmsauce mit Pilzen, perfekt rosa gebraten, kamen in Begleitung von frischen Spätzli, Rosenkohl, Rotkraut, Marroni, Apfel mit Preiselbeeren und in Butter sautierten Trauben. Klassisch. So wie es sich gehört. Die Gnocchi waren nicht wie vielerorts gummig, sondern zergingen beinahe auf der Zunge. Viele frische Steinpilze an einer sämigen Rahmsauce machten das Glück vollkommen. Der dazu gereichte Anforio (Flasche 58 Franken) aus dem Anbaugebiet Bolgheri in der Toskana passte hervorragend zum Essen.
Beim anschliessenden Gespräch, zu dem sich auch Ehefrau Jelena (44) gesellt, wird schnell klar: Wenn jemand 30 Jahre am gleichen Ort wirtet, macht er vieles richtig. «Ich denke, wir sind eine Dorfbeiz mit Niveau», sagt Walter Wyss. Obwohl sie immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt würden, hätten sie das Schiff bisher auf Kurs halten können, sagt der Wirt weiter. «Richtig», sagt die Wirtin. «Mir macht der Umgang mit den Gästen riesig Spass, auch wenn Corona zu einer gewissen Anonymisierung geführt hat. Gerne würde ich den Gästen zur Begrüssung wieder die Hand schütteln oder sie umarmen. Wer weiss. Vielleicht kommen bald wieder bessere Zeiten.»
Ein Betrieb wie der Bernerhof sei nur erfolgreich zu führen, wenn die Partnerin mitziehe, sagt Wyss. Seine Ehefrau nickt und ergänzt: «Ich bin keine Person, die sich ins Büro verzieht. Ich liebe die Arbeit in der Küche.» So könne sie richtiggehend am Cordon bleu «ummebääbele».
Als gelernter Metzger stellt Walter Wyss die Schweinsbratwürste und die Blut- und Leberwürste selber her. «Das ist Ehrensache», sagt er. So wisse er, was in den Würsten sei. Er sei sich bewusst, dass die Menükarte fleischlastig sei. Aber von einem Metzger könne oder dürfe man ja wohl auch nichts anderes erwarten. «Ich bin offen für die Wünsche der Vegetarier. Bei Veganern wird es aber schon etwas schwieriger.»
Neben der Gaststube und der Gartenwirtschaft mit je 50 Plätzen steht ein Saal mit 70 Plätzen zur Verfügung. Zudem verfügt das Haus noch über eine der wenigen Kegelbahnen in der Region. Der regionale Bus hält direkt vor dem Haus, und der Bahnhof ist nur ein paar Gehminuten entfernt. Ein anschliessender Fussmarsch lohnt sich also, um den doch reichlich bemessenen Portionen beizukommen.
Restaurant Bernerhof, Hauptstrasse 67, 4415 Lausen, Tel. 061 921 91 53, bernerhof@eblcom.ch
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 8 bis 24 Uhr, Samstag, 9 bis 14 Uhr. In der Sommerzeit ist am Samstag durchgehend geöffnet. Sonntag Ruhetag.
Für Gruppen ab 15 (Samstagabend) und 20 Personen (Sonntag) ist das Restaurant geöffnet.
Essen: einwandfrei und reichlich
Service: persönlich und aufmerksam
Ambiente: ländlich und robust
Preis: vernünftig und fair
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