Der Regenwald kann aufatmen
Mit einem höchst umstrittenen Gesetz wollte der brasilianische Senat neue Rodungen im Regenwald ermöglichen. Nun wird die Reform aufgeschoben.

Der Regenwald in Brasilien bekommt noch eine Schonfrist: Das Abgeordnetenhaus wird anders als erwartet nicht mehr in diesem, sondern erst im nächsten Jahr über die umstrittene Reform des Waldgesetzes entscheiden. Mit dem Gesetz sollen die Schutzbestimmungen für den Regenwald aufgeweicht werden. Der Senat hatte den Entwurf bereits vergangene Woche gebilligt.
Die Abstimmung über den «Código Florestal» im Abgeordnetenhaus wurde nun auf den 6. und 7. März 2012 gelegt, wie das Unterhaus gestern auf seiner Internetseite mitteilte. Nach der Entscheidung der Abgeordneten bedarf es dann noch der Unterschrift von Präsidentin Dilma Rousseff, damit das Gesetz in Kraft tritt.
Umstrittener Wald-Kodex
Zuvor beschloss der brasilianische Senat eine Neuregelung des Waldschutzgesetzes von 1965, die neue Rodungen im Amazonas-Regenwald ermöglichen würde. Die Entscheidung stiess bei Umweltschützern innerhalb und ausserhalb Brasiliens auf heftige Kritik. Der neue sogenannte Wald-Kodex, dem der Senat mit 59 gegen sieben Stimmen zustimmte, verkleinert bislang vorgeschriebene Schutzzonen. Zudem befreit er die Waldbesitzer von Verpflichtungen zur Wiederaufforstung, wie sie in dem Gesetz von 1965 vorgesehen sind. Pedro Piccolo von der Umweltorganisation Comité Floresta beklagte, für Verstösse aus der Zeit vor 2008 werde eine «Amnestie» ausgesprochen.
Die Umweltorganisation WWF warnte, insgesamt sei eine Fläche von 76,5 Millionen Hektar - so gross wie Deutschland, Österreich und Italien zusammen - von Rodung bedroht. «Brasilien torpediert mit dieser Entscheidung den weltweiten Wald- und Klimaschutz», sagte WWF-Vorstand Eberhard Brandes. «Das ist ein furchtbares Signal für die Klimaverhandlungen», sagte Samantha Smith von WWF International in Durban.
Scharfe Kritik
Die frühere brasilianische Umweltministerin und Präsidentschaftskandidatin der Grünen, Marina Silva, verurteilte das geplante Gesetz scharf. Es «verringert den Schutz der Wälder, stellt die straffrei, die gerodet haben und verstärkt die Entwaldung», sagte Silva am Rande der UN-Klimakonferenz in Durban. Der Verlust tropischer Wälder gilt als ein massgeblicher Faktor für den weltweiten Klimawandel. Silva forderte Staatspräsidentin Dilma Rousseff auf, gegen das Gesetz ihr Veto einzulegen. Dieses könnte allerdings vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit überstimmt werden.
«Mit dieser beschämenden Abstimmung werden Umweltverbrechen legalisiert», kritisierte auch die brasilianische Senatorin Marinor Brito. Umfragen zufolge, die Silva zitierte, sind rund 80 Prozent der Brasilianer gegen die Neuregelung. Im Senat jedoch gab die Argumentation der Lebensmittelproduzenten den Ausschlag. Brasilien ist der weltgrösste Exporteur von Soja und Rindfleisch.
Hohe Biodiversität
Zugleich ist der Amazonas-Regenwald das Gebiet mit der höchsten Biodiversität der Welt. Die illegale Abholzung des Regenwaldes konnte laut offiziellen Statistiken in den vergangenen Jahren gebremst, aber nicht gestoppt werden. Im Jahr 2004 wurden demnach noch 27.000 Quadratkilometer Regenwald vernichtet, in diesem Jahr dürften es 6200 Quadratkilometer sein. Insgesamt beläuft sich die Waldfläche Brasiliens auf fünf Millionen Quadratkilometer, dies sind 60 Prozent des Staatsgebietes.
Die Waldzerstörung wird in Brasilien für nahezu zwei Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich gemacht. Brasilien will seine CO2- Emissionen bis 2020 um 39 Prozent und die Waldabholzung um 80 Prozent verringern.
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