Teilverstaatlichung der UBS? «Bund soll sich solche Gedanken machen»
SP-Ständerätin Simonetta Sommaruga plädiert für eine Bundesbeteiligung, wenn ein weiteres Hilfspaket für die UBS notwendig wird. Volkswirtschaftsministerin Doris Leuthard wirft sie vor, zögerlich auf die Wirtschaftskrise zu reagieren.
Frau Sommaruga, Bankenkommissionsdirektor Daniel Zuberbühler schliesst ein weiteres Hilfspaket für die UBS nicht mehr aus. Rechnen Sie mit einer weiteren staatlichen Rettungsaktion? Die Aussagen der Eidgenössischen Bankenkommission sind schwierig einzuschätzen. Ich frage mich, ob sie als Ankündigung zu verstehen sind, dass schon bald ein nächstes Hilfspaket für die UBS kommt, oder als Bestätigung, dass der Bundesrat die UBS nicht fallen lässt – gerade weil man sich Gedanken macht über die sinkenden Aktienkurse. Nachdem das Parlament das letzte Mal vom Bundesrat dermassen überrascht worden ist, müssen wir uns auch dieses Mal auf alles gefasst machen.
Ist es für Sie auch eine Option, die UBS untergehen zu lassen? Nein, das ist doch für niemanden eine Option. Man muss sich aber überlegen, welches die geeigneten Massnahmen sind. Schliesslich werden da Steuergelder eingesetzt. Zentral ist das Anliegen, die Belastung für die Bevölkerung möglichst tief zu halten.
Muss die UBS verstaatlicht werden? Der Bund soll sich bei einem allfälligen, weiteren Hilfspaket für die UBS in der Tat solche Gedanken machen. Er soll überlegen, ob es nicht besser sei, sich zu beteiligen, anstatt einfach wieder mit Steuergeldern Ramschpapiere aufzukaufen. Auch verschiedene Wissenschaftler weisen heute auf alternative Wege hin. Die Schweiz ist meines Wissens das einzige Land, das sich darauf beschränkt, faule Papiere zu kaufen.
Wie gross ist der Gestaltungsraum des Parlaments? Im Dezember berät das Parlament das Hilfspaket. Wir haben aber keinerlei Möglichkeiten, Änderungen vorzunehmen. Wir können bloss gewisse Bedingungen stellen, etwa hinsichtlich der Entschädigungssysteme. Im Parlament sollen aber wichtige Fragen gestellt werden. Wir von der SP fordern, dass diese Fragen in einer allfälligen weiteren Runde einbezogen werden.
Welche Anliegen stehen im Vordergrund? Es geht darum, wie ein weiteres Engagement des Staates aussehen würde: Begnügt er sich wieder darin, faule Papiere aufzukaufen – in der Hoffnung, dass sie doch noch einen gewissen Wert haben? Oder beteiligt er sich an der Bank und kann – wenn es der Bank dereinst wieder besser geht – sich am Erfolg beteiligen? Der Weg, den der Bundesrat bisher gewählt hat, ist alles andere als unbestritten.
Der Staat greift der UBS mit 68 Milliarden Franken unter die Arme. Wie beurteilen Sie die bisherigen, im Vergleich dazu mickrigen Anstrengungen des Bundesrates zur Stützung der Konjunktur? Es geht beim Konjunkturprogramm nicht nur darum, wie viel Geld der Staat aufwirft. Aber das Vorgehen des Bundesrates scheint mir sehr zögerlich und zurückhaltend. Wir befinden uns in einer aussergewöhnlichen Situation. Da wäre auch einmal eine aussergewöhnliche Idee gefordert. Im Bundesrat gibt es ideologische Vorbehalte gegen alles, was in Richtung Konjunkturprogramm geht. Das bedauere ich ausserordentlich.
Was bemängeln Sie konkret? Der Bundesrat wehrt sich gegen ein echtes Konjunkturprogramm, weil dieses ohnehin zu spät komme. Dabei hatte er in den zurückliegenden Monaten wie selten zuvor die Möglichkeit vorauszusehen, was auf uns zu kommt. Wir wissen, dass die Schweiz von der Wirtschaftskrise mindestens so stark betroffen sein wird wie das umliegende Ausland. Eine Krise kann man aber auch als Chance nutzen. Von diesem Willen habe ich bis heute wenig festgestellt.
Welche weiteren Massnahmen schlagen Sie zur Stützung der Realwirtschaft vor? Ein nationales Gebäudesanierungsprogramm wäre ein positives Signal. Es würde dem Klima etwas bringen und die Bevölkerung auch finanziell entlasten, da der Energieverbrauch sänke. Gleichzeitig hätte das Programm eine belebende Wirkung und würde Arbeitsplätze und Wertschöpfung in der Schweiz sichern. Es ist unbestritten, dass diese Massnahme nicht zuletzt auch eine positive psychologische Wirkung entfalten würde.
Was werden Sie konkret unternehmen, damit der Bundesrat aktiver wird? Ich habe eine Motion im Ständerat eingereicht, die im Dezember vom Rat behandelt wird. 30 von 46 Ständerätinnen und Ständeräten aus allen Parteien haben das Begehren unterschrieben. Ich hoffe, dass die Motion durchkommt und dann auch im Nationalrat Zustimmung findet. Zu befürchten ist allerdings, dass der Bundesrat wieder erklären wird, dass das Programm zu spät kommt. Das ist ärgerlich: Denn nimmt er die Planung jetzt in die Hand, könnte das Programm bereits Mitte 2009 starten.
Wie beurteilen Sie die Rolle von Bundesrätin Leuthard als Krisenministerin? Bundesrätin Leuthard hat lange abgewiegelt und versucht, die Leute in Konsumlaune zu halten. Ich hielt das von Anfang an für falsch. Man kann den Leuten stets die Wahrheit zumuten. Zumal die Aussichten derzeit alles andere als rosig sind. Nach den 68 Milliarden an die UBS besteht die berechtigte Erwartung in der Bevölkerung, dass auch etwas für sie unternommen wird. Dieses Zeichen hat man im Volkswirtschaftsdepartement meines Erachtens zu wenig erkannt. Mir fehlt der Leadership in dieser Situation.
Ist eine zurückhaltende, überlegte Vorgehensweise in Zeiten der Krise nicht gesünder? Ich verwechsle Leadership nicht mit Hyperaktivismus. Leadership heisst, dass man sich in schwierigen Zeiten hinstellt, offen kommuniziert und sagt, was auf uns zukommt. Und dass man auch sagt, dass es sinnvolle Projekte zur Linderung der Krise gibt. Das vermisse ich bei der Wirtschaftsministerin.
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