Offshore-Leaks: Wer instrumentalisiert die Medien?
Medien aus 46 Ländern haben gemeinsam die geheimen Geschäfte von Offshore-Gesellschaften veröffentlicht. Wer ist die anonyme Quelle? Wer profitiert von den Enthüllungen? Ein Kommentar.

260 Gigabyte Daten, 2,5 Millionen Dokumente, Informationen über 120 000 Briefkastenfirmen und 130 000 Personen. Ein GAU für Offshore-Konstrukte, ihre Hersteller und Benutzer. Mitleid ist keines zu erwarten. Applaus und Frohlocken allerorten, das haben die Superreichen redlich verdient.
Im allgemeinen Jubel gehen ein paar entscheidende Fragen unter. Erstens: Wie steht es mit dem Rechercheprinzip, dass man vor allem anonym zugespielte Informationen mit einer zweiten Quelle verifizieren muss?
Keine Daten aus den USA
Zweitens: Cui bono, wem nutzt es? Allen aufrechten Steuerzahlern auf der Welt, ist die simple Antwort. Die Realität sieht anders aus. Bei aller Ehrfurcht vor Anonymous, Wikileaks und allen Hackern der Welt: Zu einem solchen Diebstahl ist wohl nur eine staatliche Behörde in der Lage. Zu den üblichen Verdächtigen gehören China, Russland – und die USA.
Aus den bisher veröffentlichten Informationen geht hervor, dass so ziemlich alle Offshore-Paradiese vorkommen, bis auf Delaware, Florida und ein paar weitere US-Bundesstaaten. Ein merkwürdiger Zufall.
Ein weiterer wichtiger Punkt geht im allgemeinen Frohlocken unter. Kann man wirklich davon ausgehen, dass der Datendieb seine gesamte Beute den Medien zugespielt hat? Wer auch immer es war, er wäre doch blöd, wenn er sich nicht so zwei, drei Dutzend besonders lohnende Exemplare ausgesondert hätte. Wir sprechen immerhin von einem Erpressungspotenzial in Multimillionenhöhe.
Genau darin liegt das Problem, einer anonymen und nicht unabhängig verifizierten Quelle zu vertrauen. Die Überbringer der Botschaft, also die Medien, haben keine Ahnung, von wem sie zu welchem Zweck instrumentalisiert werden.
Recht auf Privatsphäre und Datenschutz
Bei aller berechtigten Kritik an Geldhäusern, bei aller Abneigung gegen Superreiche, die sich gesellschaftlichen Verpflichtungen entziehen wollen: Es bleibt ein schaler Geschmack. Vor allem, wenn man sich klarmacht: Keine Daten von niemandem sind mehr sicher. Wenns den Verbrecher trifft, finden wir das alle toll. Wenns uns selbst trifft, doch wohl eher nicht. «Ich habe nichts zu verbergen» darf nicht zur Erlaubnis führen, meine Privatsphäre öffentlich zu machen, vor allem nicht durch Diebstahl. Das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz kann missbraucht werden, wie das Bankgeheimnis. Der völligen Abschaffung dieser Schutzrechte zuzujubeln, einem Datenklau, weils die Richtigen trifft, ist dumm.
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