Griechenland kommt nicht voran
Griechenland verfehlt seine Budgetziele trotz massiver Hilfe aus dem Euro-Rettungsfonds. Athen braucht mehr Geld – doch auch die Worte Schuldenschnitt und Euro-Austritt werden immer lauter ausgesprochen.

Als sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und IWF-Chefin Christine Lagarde gestern Abend trafen, wurde zunächst nur wenig über den Inhalt des Gesprächs bekannt. Heute aber haben Europas Krisenländer ihre Fortschritte in Sachen Budgetdefizite auf den Tisch gelegt – und es wird klar, dass Griechenland ein heisses Thema zwischen den beiden mächtigen Damen gewesen sein muss.
Denn Athen kommt bei der Abarbeitung des massiven Schuldenberges schwerer voran als gedacht. Nach Angaben des griechischen Entwicklungsministers Michalis Chrysochoidis wird das Haushaltsdefizit 2011 vermutlich bei 9,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen und damit einen halben Prozentpunkt höher als angestrebt. Jetzt hoffe sein Land auch auf Investoren aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
«Hochexplosive Lage»
Vor diesem Hintergrund also trafen sich Merkel und Lagarde. Bei dem Gespräch habe Griechenland eine «besonders wichtige Rolle» gespielt, sagte Merkels Sprecher heute in Berlin. Einzelheiten des «vertraulichen Gesprächs» nannte er nicht.
Andreas Schmitz, der Präsident des deutschen Bankenverbandes, bezeichnete die Lage in Griechenland als «hochexplosiv». Die Troika aus IWF, EU und Europäischer Zentralbank will kommende Woche nach Athen fliegen.
Hilfe aus den Strukturfonds der EU
Chrysochoidis sagte, durch eine stärkere Inanspruchnahme des Strukturfonds der EU sei es im vergangenen Jahr gelungen, die Ausgaben der Regierung und damit das Defizit von 10,6 Prozent des Jahres 2010 auf 9,6 Prozent zu senken. Das Land leidet derzeit unter einer Schuldenlast, die im vergangenen Jahr vermutlich bei 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts lag. Die Regierung hat deshalb ein drastische Sparprogramme beschlossen.
Bankenpräsident Schmitz fügte mit Blick auf die Debatte über den Schuldenschnitt hinzu: «Wir könnten Griechenland auf null setzen, aber die Wettbewerbsfähigkeit fehlt.» Derzeit sei die Europäische Zentralbank die einzige Institution, die kurzfristig Nothilfe leisten könne. Die europäischen Banken müssten im Falle eines Schuldenschnittes hohe Ausfälle in Kauf nehmen.
Ratingagentur Fitch warnt
In den vergangenen Tagen waren erhebliche Zweifel aufgekommen, ob das im Oktober beschlossene Euro-Hilfspaket wegen des Einbruchs der griechischen Wirtschaft und des Reformstaus ausreichen wird.
Derweil warnte die Bewertungs-Agentur Fitch davor, dass die finanziellen Schwierigkeiten Griechenlands in diesem Jahr die Krise in der Eurozone verschärfen werde, wenn sich das Land nicht mit den Gebern auf eine Verringerung der Schuldenlast verständigen könne. Griechenland habe «immer noch das Potenzial Europa in eine Krise zu stürzen», erklärte David Riley von Fitch. Die Zeit werde knapp.
Euro-Austritt möglich
Die Politik hat nach Ansicht des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) entscheidenden Einfluss darauf, ob die Wirtschaft in diesem Jahr schrumpft oder nicht. Ein leichtes Wachstum sei im Gesamtjahr möglich, falls die Beschlüsse zur Euro-Rettung umgesetzt würden, sagte HWWI-Konjunkturexperte Jörg Hinze der Nachrichtenagentur dapd. «Eskaliert die Lage in Griechenland, dann kann alles deutlich schlechter werden.
Unterdessen schliesst der Leiter des Instituts für Wirtschaftspolitik der Universität Leipzig, Gunther Schnabl, ein Auscheiden des hochverschuldeten Griechenlands aus der Euro-Zone nicht aus. Dies könnte noch dieses Jahr geschehen, sagte er der dapd.
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