«Die sinnentleerte Lohnarbeit kommt an ihr Ende»
Gestalten statt funktionieren: Die Digitalisierung ermögliche dem Menschen, sich auf seine wahren Stärken zu besinnen, sagt der Neurobiologe Gerald Hüther.

Herr Hüther, wovon hängt es ab, ob jemand sein Potenzial entfalten kann?
Das hängt wesentlich davon ab, ob ein Kind sich früh als Mangelwesen empfindet oder ob es das Gefühl vermittelt bekommt, es sei richtig und bedeutsam – unabhängig davon, was es leistet. Das Drama besteht darin, dass die meisten Menschen in jungen Jahren zu Objekten von Absichten und Bewertungen gemacht werden. Dadurch werden zwei elementare Bedürfnisse verletzt: jenes nach bedingungsloser Verbundenheit und jenes nach autonomer Gestaltung des eigenen Lebens. Weil ein Kind diesen doppelten Schmerz auf Dauer nicht aushalten kann, entwickelt es Notwehrstrategien.