«Schaue gern an, was unter die Räder kam»
Value-Fonds wie der Classic Global Equity litten in diesem Crash besonders. Aber von einem Stilwechsel will Fondsmanager Georg von Wyss nichts wissen.
Der unter privaten Anlegern populäre Aktienfonds Classic Global Equity hat dieses Jahr 58 Prozent verloren - deutlich mehr als der Vergleichsindex. Fondsmanager Georg von Wyss und seine Partner Thomas Braun und Erich Müller schwimmen als Contrarians gegen den Strom: Wenn die Börsenkurse fallen, kaufen sie gerne zu, immer auf der Suche nach unterbewerteten Titeln. An diesem Konzept halten die Fondsmanager fest.
Herr von Wyss, wenn die Börsenkurse fallen, wird es für Sie interessant. Sie haben diesmal aber zu früh zugekauft. Wird es Ihnen angesichts des anhaltenden Kurssturzes nicht mulmig? Unser Ansatz besteht darin, unterbewertete Aktien zu kaufen. Wir probieren nicht, Marktbewegungen vorauszusagen. Wenn wir billige Aktien finden, kaufen wir sie, basta. Wenn sie weiter sinken, macht das sicher keine Freude. Aber es macht uns auch nicht nervös, unter der Voraussetzung, dass unsere Bewertung stimmt.
Leiden Ihre Fonds auch darunter, dass Anleger ihr Geld abziehen? Unsere Fonds haben seit Anfang Jahr Rücknahmen von total 17 Prozent ihres Vermögens verzeichnet, das sind im Schnitt 0,4 Prozent pro Woche. Wir waren gezwungen, Aktien zu Kursen zu verkaufen, zu denen wir normalerweise kaufen. Wir bauten jene Titel ab, die am wenigsten unterbewertet sind, wie Zurich Financial Services.
Andererseits kauften Sie im September UBS-Aktien, die am Freitag auf ein neues Tief abrutschten. Im Bankensektor ist eine Blase geplatzt und alles im Umbruch. Lässt sich da die mittelfristige Ertragskraft, die für Sie zentral ist, schon schätzen, und reichen die bisherigen Kapitalaufstockungen? Der Wert der UBS liegt im Private Banking, in der Vermögensverwaltung für Wohlhabende. Auch dort wird die Rentabilität in Zukunft tiefer sein, unter anderem, weil man den Kunden nicht mehr so viele teure strukturierte Produkte wird verkaufen können. Aber das ist einkalkuliert. Allein der Wert des Private Banking übersteigt die Börsenkapitalisierung der UBS. Ich meine auch nicht, dass die Grossbanken kleiner werden sollten. Der Finanzplatz Schweiz lebt davon, dass UBS und Credit Suisse wohlhabende Kunden in die Schweiz ziehen. Sie können viel anbieten. Lässt die Schweiz das Bankgeheimnis fallen, wer kann den Kunden dann Depots in einem sicheren Staat wie Singapur offerieren? Die Grossbanken.
Ist das Investment Banking, das sehr ertragreich sein kann, aber auch die hohen Verluste brachte, für Sie überflüssig? Ja. ich würde es begrüssen, wenn die UBS diesen Teil abspaltet. Die Investment Banker verdienen viel, für den Investor war das Investment Banking immer ein lausiges Geschäft. Es spielt dort auch Psychologisches mit. Wir Schweizer sind gegenüber Leuten, die gut englisch sprechen, mit einem Komplex behaftet. Kommt da ein Investment Banker, der in New York oder London geschliffen worden und meist redegewandt ist, lassen wir uns schnell beeindrucken und wollen dabei sein in dieser glamourösen Welt.
Eine grosse Position ist Swiss Re. Der Rückversicherer wagte sich, um mehr Rendite herauszuholen, auch ins Investment Banking hinein und holte sich eine blutige Nase. Ich hoffe, diese ganze Investment-Banking-Kultur, die man bei Swiss Re hineinzubringen versuchte, verschwindet. Die Aktie ist auch darum so unter Druck, weil diese Investment-Banking-Strategien den Leuten nicht mehr gefallen, vielleicht haben sie auch nur der Konzernführung jemals gefallen. Swiss Re soll wieder langweiliger werden. Sicher, die Rückversicherung ist kein richtiges Wachstumsgeschäft mehr. Aber es bringt, über den Zyklus hinweg, einen schönen, schätzbaren Cashflow.
Sie haben in Ihrem Portefeuille noch andere Sorgenkinder wie den US-Autositzhersteller Lear, dessen Aktie in zwei Monaten über 90 Prozent einbrach. Die Autoindustrie ist unter Druck. Die Schweiz hat viele Autozulieferer, soll man sich vor denen hüten? Ich meine, nein. Wir schauen zurzeit gern an, was zyklisch und unter die Räder gekommen ist. Ist man der Ansicht, eine Firma stehe selbst eine tiefe Rezession durch, ist das eine Chance zu investieren. Obwohl im Moment Werbebudgets gestrichen werden, sind Medien, tendenziell eher die elektronischen, sicher interessant. Im Moment muss man natürlich mehr als sonst darauf schauen, wie die Unternehmen finanziert sind, wie gross ihre Schuldenlast und deren Fristigkeit sind.
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