«Wir wollen keine nackten Frauen und Alkohol»
Die Welt wartet, bis Muammar al-Ghadhafi abtritt. Doch wie soll es danach weitergehen? Die Aufständischen haben unterschiedliche Pläne für die Zukunft Libyens.
Die Rebellen in Libyen sind sich nicht einig, wie es in dem Land weitergehen soll, wenn das Ghadhafi-Regime gestürzt ist. Einige von ihnen wollen Demokratie, andere lediglich den auf Ölexport beruhenden Reichtum gerechter verteilen, und eine kleine Minderheit unter den Rebellen sieht nach dem Ende der 42-jährigen Ghadhafi-Diktatur einen islamistischen Gottesstaat kommen. Diese Lage macht es der internationalen Gemeinschaft schwer, eine Strategie für die Zeit nach dem Sturz des Machthabers zu entwickeln.
Immerhin: die Vereinigten Staaten haben bereits die politischen Führer der Rebellion ausgemacht und sind mit ihnen ins Gespräch gekommen. So traf sich am Dienstag auf der Londoner Libyen-Konferenz Aussenministerin Hillary Clinton mit Mitgliedern des provisorischen libyschen Nationalrats, einer Art Übergangsparlament. Und der frühere US-Botschafter in Tripolis, Christ Stevens, wird demnächst Benghazi besuchen und mit den örtlichen Führern der Rebellen sprechen.
Der Übergangsrat will eine liberale Demokratie
Der Übergangs-Nationalrat ist gut bestückt mit Libyern, die im Westen ausgebildet sind und westliche Werte teilen: er will mehrheitlich eine liberale Demokratie, eine freiheitliche Verfassung und reguläre Wahlen.
Die Kämpfer, auf die sich diese politische Elite der Aufständischen stützt, könnte indes disparater nicht sein. Die Rebellensoldaten werden von Armeeoffizieren im Ruhestand ausgebildet und trainiert, die meisten von ihnen weit jenseits der 50. Sie versuchen Bäckern, Beamten, Studenten und Taxifahrern fundamentale Kenntnisse im Umgang mit Waffen zu vermitteln. In einem Lager am Rand von Bengasi treffen sie sich täglich.
Hass auf das Ghadhafi-Regime eint die Menschen
Dann sind Szenen wie diese zu sehen: Ein Soldat ohne Zähne im Mund erklärt einer kleinen Gruppe von Kämpfern, wie sie eine Kalaschnikow bedienen müssen. Ein anderer unterstützt ein Zwei-Mann-Team bestehend aus Vater und Sohn beim Zusammensetzen eines Flugabwehrgeschützes. Was sie alle eint: der Hass auf das Gaddafi-Regime.
Einer der Rebellen, Aschraf Mohammed, im Zivilberuf Beamter, sagt, er habe zu viele Menschen gesehen, die von Gaddafi-Getreuen gequält worden seien. Sein Bruder zum Beispiel wurde zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt, nur weil er mit den falschen Leuten gesehen wurde. Ein Nachbar wurde sieben Jahre ins Gefängnis gesteckt, ein Kollege sage und schreibe 17 Jahre ohne Urteil - bevor er ebenso ohne Begründung wieder freigelassen wurde. «Es ging immer um politische Anschuldigungen. Dass du gegen das Regime bist - und das war's», sagt Mohammed.
«Wir wollen keine Religionsfreiheit»
Was nach Ghadhafi kommen soll, weiss er nicht genau. Nur soviel: «Demokratie, eine Verfassung und dass nicht eine einzige Familie die Macht über das Land hat.» Sein Mitkämpfer Abdel Salam Rigaji hat dafür umso genauere Vorstellungen: «Wir wollen eine Gesellschaft auf Grundlage des Korans. Wir wollen keine Religionsfreiheit, aber die Freiheit unserer Religion. Wir wollen keine Freiheit für Juden und Christen, wir wollen keine nackten Frauen und Alkohol.»
Zwischen diesen Polen bewegen sich die Motive der Anti-Ghadhafi-Kämpfer. Die USA überlegen, ob sie sie bewaffnen. In Washington weiss man nicht, ob das eine gute Idee ist.
dapd/oku
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