«Wir wollen jetzt Klarheit über die Spitalgruppe»
Die Gesundheitsdirektoren über die Kritik an den Spitalplänen. Der Landrat wird im Januar über die Spitalfusion befinden.

Die Gesundheitsdirektoren Lukas Engelberger (CVP, BS) und Thomas Weber (SVP, BL) haben die Rückmeldungen der Parteien und Organisationen zur geplanten Spitalfusion und gemeinsamen Gesundheitsversorgung ausgewertet. Gestern informierten sie in einer Medienmitteilung, dass sie die Vorlage zur gemeinsamen Gesundheitsversorgung weiterhin an die insbesondere in Basel und bei der FDP Baselland umstrittene gemeinsame Spitalgruppe koppeln wollen. Die Staatsverträge sollen bis im Februar 2018 zur Unterschrift vorliegen – zwei Monate später als geplant.
BaZ: Ihre Medienmitteilung zeigt, dass Sie kaum auf die Kritik der Parteien eingehen, sondern unbeirrt an Ihren Plänen festhalten. Erachten Sie diese Konfrontationshaltung als sinnvoll?
Thomas Weber: Der Eindruck täuscht. Wir lassen uns etwas mehr Zeit, um die Rückmeldungen genauer zu prüfen. Aber unser genereller Eindruck ist, dass wir eine Suppe aufgetischt haben, die ein paar von uns erwartete Haare enthält. Jetzt wurden ein paar mehr gefunden. Aber bei aller Kritik, niemand konnte uns eine bessere Suppe auftischen. Es wurde keine Alternative aufgezeigt, mit der die Ziele besser erreicht werden könnten, darum bleibt die Stossrichtung dieselbe.
Weil also niemand ein besseres Projekt präsentiert, wischen sie teils massive Kritik einfach weg?
Lukas Engelberger: Wir haben in den rund 40 Vernehmlassungsantworten zu jeder Vorlage keine Hinweise gefunden, die uns fundamental zweifeln liessen. Aber es gibt einzelne Hinweise, die wir genauer prüfen wollen, doch auf den Umsetzungs-Zeitplan wird dies keine Auswirkungen haben, weil wir die betroffenen Spitalmitarbeitenden nicht länger in der Schwebe halten wollen.
Welche Kritikpunkte prüfen Sie vertieft?
Weber: Es gibt eine ordungspolitische Grundsatzfrage: Die einen sagen, der Staat habe die Gesundheitsversorgung exklusiv zur Verfügung zu stellen. Andere sind wiederum der Ansicht, dass die verschiedenen Rollen des Staates, wie Spitalbesitzer und Regulator, problematisch seien und getrennt werden müssen. Im Landrat sind Vorstösse hängig, mit dem Anliegen, eine Privatisierung zu prüfen. Bis Ende Januar wollen wir die Grundsatzdebatte zur Frage, ob der Kanton weiterhin Spitaleigentümer sein soll, im Landrat ermöglichen.
Um bei der Suppen-Metapher zu bleiben: Ist die Privatisierung ein solches Haar in der Suppe, das Sie nun ernsthaft prüfen wollen?
Weber: Nein, das ist, wie gesagt, eine Grundsatzfrage. Wir sehen, dass sich einige Parlamentarier erst seit Kurzem mit der übergeordneten Thematik beschäftigen, und deswegen auch grundsätzliche Vorbehalte bestehen. Engelberger: In der Stadt ist eine Privatisierung kein Thema. Im Zentrum steht die Frage nach der Beteiligungshöhe und wie diese sich auf die Machtverhältnisse in der Spitalgruppe auswirkt. Hier müssen wir prüfen, ob wir den von uns vorgeschlagenen Mechanismus besser erklären oder allenfalls modifizieren müssen.Weber: In einzelnen Punkten wird es sehr komplex. Aber grundsätzlich kann es nicht sein, dass Baselland bloss Juniorpartner ist und immer überstimmt wird. Und es kann ebenso wenig sein, dass Basel mehr Werte einbringt und diese dann aber nicht abgebildet sind.Engelberger: Das ist genau der Punkt, den wir wohl besser erklären müssen. Wir sind überzeugt, dass die Spitalgruppe der bessere und effizientere Weg ist zu einer optimalen Gesundheitsversorgung, zu einer Dämpfung des Kostenwachstums, aber auch zur Sicherung der hochspezialisierten Medizin und damit des Forschungsstandorts Basel. Das ist wichtig: Wenn unsere Region als einer der fünf Pole mit medizinischer Fakultät, klinischer Forschung sowie einem grossen Versorgungszentrum Bestand und gute Karten haben will im gesamtschweizerischen Wettbewerb, müssen wir uns in unserer Region, die kleiner ist als die anderen, optimal aufstellen. Die optimale Aufstellung für die Spitzendisziplinen ist die Spitalgruppe.
Erleben Sie die Parteien als konstruktiv oder geben sich diese kompromisslos?
Weber: Wie in jeder Vernehmlassung bringen alle ihre Interessen als Maximalforderungen ein. Die Parteien sind nicht destruktiv. Sie haben jedoch noch viele Fragen zu diesem komplexen Projekt, das wir auch in den Dokumenten noch verständlicher darstellen müssen.
Das Projekt scheint derzeit nicht mehrheitsfähig zu sein in den Parlamenten.
Weber: Die Erfahrung zeigt, dass sich mit dem Dialog die Verhältnisse ändern können.
Aber die Grundsatzforderungen der FDP Baselland, eine Privatisierung zu prüfen, lehnen Sie ab.
Weber: Wenn der Landrat in der Grundsatzdebatte, die ich bis Ende Januar führen will, zum Schluss kommt, dass wir auf dem Holzweg seien und wir einen Verkauf des Kantonsspitals prüfen sollen, dann hat der Landrat damit auch Nein gesagt zur Spitalgruppe.
Dann ist also Ihr Grossprojekt tot?
Weber: Die Gesundheitsplanung nicht, doch die Spitalgruppe: ja.
Sie gehen in die Grundsatzdebatte mit dem Risiko, dass die Spitalgruppe scheitert.
Weber: Das ist so. Wir wollen jetzt Klarheit, denn die Spitalgruppe aus USB und KSBL kommt per Anfang 2020 oder sie kommt gar nicht. Die Behandlung des Berichts zu den Postulaten ermöglicht dem Landrat die geforderte Weichenstellung.Engelberger: Es geht auch um Rücksicht auf die Mitarbeitenden in den Spitälern. Wir arbeiten seit 2015 an dem Projekt. Weitere Verzögerungen im Zeitplan können wir dem Personal nicht zumuten. Die zentralen Punkte ändern sich nicht, ob wir jetzt entscheiden oder in einem halben Jahr.Weber: 2018 sollen alle politischen Entscheide getroffen sein. 2019 wäre das Transformationsjahr und 2020 sollen die gemeinsame Gesundheitsversorgung und Spitalgruppe starten.
Im Landkanton hat bloss die FDP Widerstand angekündigt. In Basel jedoch sind eigentlich alle Parteien sehr skeptisch. Hauptkritik: Die Tagesklinik Bruderholz ist unnötig und die Beteiligungsverhältnisse ungerecht für Basel. Zu diesen zentralen Punkten steht in der Medienmitteilung kein Wort.
Engelberger: Die inhaltliche Antwort auf diese Kritik möchten wir gemeinsam mit den Spitälern erarbeiten. Das braucht mehr Zeit, was wir mit dem angepassten Vorgehensplan berücksichtigen.
Die gemeinsame Gesundheitsversorgung ist unbestritten. Wieso riskieren Sie diese Vorlage, indem Sie diese an die Spitalgruppe knüpfen?
Weber: Beide Vorlagen hängen zusammen. Darum wollen wir beide gleichzeitig bringen und diskutieren, statt einzeln. Letzteres würde nur Verwirrung stiften.Engelberger:Der Druck im Gesundheitswesen, positive Resultate auf der Kosten- und Effizienzseite zu erreichen, ist gross und nimmt zu. Die planerischen Instrumente haben eine Langzeitwirkung und brauchen rein technisch gesprochen eine längere Vorlaufzeit. Wenn wir bei privaten Anbietern regulieren, können diese allenfalls vor Gericht. Das dauert Jahre, bis eine Massnahme greift. Aber mit der Spitalgruppe können wir etwas bewirken, weil wir mit einem Schlag das Angebot konzentrieren, also Kapazitäten abbauen können. Damit nehmen wir Kosten aus dem System und dämpfen so den Kostenanstieg.
Sie haben teilweise bereits Fakten geschaffen, bevor die beiden Parlamente und das Volk darüber befunden haben. Kooperationen wurden vereinbart. Darunter fällt ausgerechnet auch die Konzentration der Orthopädie auf dem Bruderholz.
Weber: Kooperationen liegen heute bereits in der Kompetenz der Spitäler. Aber wenn man künftig in eine gemeinsame Kasse wirtschaftet, ist das effizienter als eine Kooperation oder eine Konkurrenzsituation.
Was wird aus diesen Kooperationen, wenn die Spitalgruppe abgelehnt wird?
Engelberger: Jeder Partner müsste analysieren, ob er unter diesen Bedingungen weitermachen möchte. Und wir müssten unsere Eignerstrategie allenfalls revidieren …
… aber als Folge einer gescheiterten Spitalfusion würden die Spitäler wieder Konkurrenten und würden aufrüsten statt Kapazitäten abbauen.
Engelberger: Das ist so. Diese Gefahr besteht. In den vergangenen Jahren war es ja genau so, dass sich das USB und das KSBL konkurrenzierten. Unser Projekt will das Wettrüsten überwinden.
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