«Wir werden die italienischen Schiffe bombardieren»
Italiens Marineeinsatz zur Abwehr von Flüchtlingen vor der libyschen Küste hat begonnen. Aus Libyen kommen Drohungen eines Warlords.

In der Flüchtlingskrise setzt Italiens Regierung ihre Hoffnungen auf eine neue Mission in Libyen. Mit dem Einsatz der italienischen Marine sollen nicht nur Schlepper bekämpft, sondern auch die Flüchtlingsströme in Richtung Europa besser kontrolliert werden. Das Patrouillenboot Comandante Borsini ist auf dem Weg nach Tripolis bereits in libyschen Hoheitsgewässern eingetroffen. Demnächst folgt ein Logistikschiff. Die Libyen-Mission Italiens erfolgt in Absprache mit der international anerkannten Regierung in Tripolis, die von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj angeführt wird.
Dessen Gegenspieler im Osten des Landes, General Chalifa Haftar, stellt sich allerdings quer. «Wir werden die italienischen Schiffe bombardieren», droht Haftar gemäss einem Bericht des TV-Senders al-Arabiya. Ausgenommen seien einzig Handelsschiffe.
Zuvor hatte das Parlament in Tobruk in dem von Haftar kontrollierten Landesteil vor einer Verletzung der libyschen Souveränität gewarnt. Der 73-jährige Haftar ist der mächtigste Mann Libyens, ihm untersteht die Libysche Nationale Armee. Er weigert sich, die Regierung in Tripolis anzuerkennen.
Rom bleibt gelassen: Das ist Propaganda
Haftars Drohungen werden in Rom mit Gelassenheit aufgenommen, wie der «Corriere della Sera» berichtet. Die italienische Regierung bezweifelt, dass es einen Schiessbefehl von General Haftar gibt. Sie weist auf bestehende Kooperationen hin. Unter anderem finanziert Italien in den von Haftar kontrollierten Gebieten Hilfsprogramme zur Versorgung von Verletzten. Einige von ihnen würden bereits in Rom behandelt.
Die Drohungen des libyschen Generals seien nur Propaganda, heisst es aus dem Verteidigungs- und dem Aussenministerium Italiens, es gebe keine konkreten Risiken. Theoretisch könnte Italiens Marine von Kampfjets der Libyschen Nationalen Armee angegriffen werden. Haftars Luftwaffe kontrolliert den libyschen Luftraum.

Nach italienischer Einschätzung stehen die Bombardierungsdrohungen im Zusammenhang mit dem dauernden Machtkampf, den sich Haftar mit Ministerpräsident Fayez al-Sarraj liefert. Dabei hatten sich die beiden Kontrahenten noch letzte Woche in Paris getroffen. Unter Vermittlung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron verständigten sich Haftar und al-Sarraj auf eine Waffenruhe und Wahlen im Frühjahr 2018. Doch schon wenige Tage später ist das Abkommen von Paris laut Medienberichten nichts mehr wert.
Hilfe für libysche Küstenwache, keine Seeblockade
Italiens Regierung bemüht sich in Verhandlungen sowohl mit Ministerpräsident al-Sarraj als auch mit General Haftar um eine Stabilisierung Libyens, von dem aus Flüchtlinge über die zentrale Mittelmeerroute nach Italien fahren. Seit Jahresbeginn kamen rund 95'000 Migranten in Italien an, letzten Monat waren es 11'000 Flüchtlinge. Schlepper nutzen das Chaos aus, das in Libyen herrscht.
Die am Mittwoch gestartete Libyen-Mission bezeichnet die Regierung in Rom als «Unterstützung und Hilfe für die libysche Küstenwache» im Kampf gegen die Schlepper. Gemäss dem Verteidigungsministerium ist keine «Seeblockade» geplant. Bei Angriffen auf seine Schiffe könnte Italien «in begrenztem Umfang» Gewalt einsetzen.
Gemäss Medienberichten könnten etwa sechs italienische Kriegsschiffe mit bis zu tausend Soldaten in den libyschen Hoheitsgewässern zum Einsatz kommen. Die EU hat weiterhin keine Erlaubnis, auch in den libyschen Küstengewässern gegen illegale Migration vorzugehen. Es gab bisher keine entsprechende Anfrage aus Tripolis.
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