«Wir sind der Schweizer Polizei voraus»
Die Region Genf ist ein Eldorado für kriminelle Gangs aus Lyon. Ein Ex-Räuber erzählt, weshalb es in der Schweiz einfach ist, Beute zu machen.

«Zwischen den Banlieues von Lyon und der Schweiz gibt es eine Art Liebesgeschichte», sagt Karim, ein früherer Räuber aus Frankreich. «Und diese Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.» Karim stammt aus einer Vorstadt von Lyon und kennt die Romandie gut, weil er hier mit seiner Gang immer wieder straffällig geworden war. Der junge Mann maghrebinischer Herkunft hat seine kriminelle Laufbahn hinter sich, seit er «ein paar Jahre» in einem Gefängnis in der Schweiz abgesessen hat.
Dass die Region Genf für Gangs aus Lyon besonders interessant ist, liegt nicht nur an der Nähe zwischen den beiden Städten. «In der Schweiz ist die Versuchung einfach zu gross», sagt Karim im Gespräch mit der Westschweizer Zeitung «Le Matin».
Strafen ohne abschreckende Wirkung
«In der Schweiz werden Räuber geradezu eingeladen, zuzuschlagen», sagt Karim, der genau weiss, wie Kriminelle ticken. Trotz vieler Einbrüche seien in Genf selbst in der Nacht Luxusuhren in Läden mit schlecht gesicherten Fensterscheiben ausgestellt. Auch der Diebstahl von Autos sei eine einfache Sache. Beinahe schon mit Verachtung sagt der Ex-Räuber aus Lyon, dass die Menschen in der reichen Schweiz naiv seien. Und die Genfer Polizisten seien Amateure im Vergleich zu ihren Kollegen in Lyon. «Wir sind der Schweizer Polizei voraus», sagt Karim, als ob er immer noch einer Gang angehörte.
Die Strafen in der Schweiz hätten keine abschreckende Wirkung. Im Vergleich zu Frankreich seien die Strafen weniger hart und weniger lang. Wenn man schon erwischt und verurteilt werde, sei es besser, seine Strafe in einem schweizerischen als in einem französischen Gefängnis abzusitzen. In der Schweiz sei der Strafvollzug angenehmer.
Komplizen in der Schweiz
Gemäss der Zeitung «Le Matin» ist am Genfersee die Anzahl der Einbrüche der Gangs aus Lyon in der letzten Zeit eher gesunken, weil viele Delinquenten hinter Gittern sitzen. Dennoch ist das kein Grund für eine Entwarnung, wie Karim klarmacht. Die Banden aus Lyon hätten sich radikalisiert. Und es gebe immer mehr Verbindungen über die Landesgrenze hinaus, sodass sie auf Komplizen in der Schweiz zählen könnten, etwa bei der Organisation von Diebestouren oder bei der Beschaffung von Waffen.
Karim geht davon aus, dass in Zukunft bei Einbrüchen auch schwere Waffen zum Einsatz kommen würden. Und es sei nur eine Frage der Zeit, bis Gangs aus Lyon Überfälle auf gepanzerte Geldtransporter in der Schweiz verüben würden.
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