«Wir müssen schauen, dass das Geld zu den Leuten kommt»
In Brüssel haben sich die Staatschefs der EU über die bisherigen Massnahmen gegen die Wirtschaftskrise beraten. Angela Merkel betonte, dass das Schaffen von Jobs für junge Menschen zentral sei.

Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten haben gestern Abend an ihrem Gipfeltreffen in Brüssel die groben Linien für mehr Wachstum skizziert. Mit ihrem eingeschlagenen Sparkurs wollen sie weiter fahren, den Fokus aber verstärkt auch auf langfristige Reformen legen.
Gemäss Herman Van Rompuy, Präsident des Europäischen Rates, geht es darum, langfristiges Wachstum zu generieren. Dabei müsse eine «gute Balance» gefunden werden, sagte Van Rompuy weiter. Es brauche somit sowohl kurzfristige wie auch langfristige Massnahmen, liess er durchblicken.
Dabei betonte er, wie wichtig die Beseitigung struktureller Defizite sei. Diese Betonung auf längerfristige Massnahmen dürfte Frankreich entgegenkommen, das für das Jahr 2013 mit einem Defizit von 3,7 Prozent rechnet.
Denn bereits seit geraumer Zeit kritisierte der französische Präsident François Hollande zusammen mit den südlichen EU-Mitgliedstaaten den von Deutschland und den nordischen Ländern geforderten harten Sparkurs. Hollande hatte denn auch zu Beginn des Gipfels eine «gewisse Flexibilität» bei den Haushaltssanierungen gefordert. «Die Budgets sind nicht die einzige Priorität», sagte er.
Merkel zufrieden
Nach dem Gipfel gab sich auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zufrieden: «Wir haben heute – und es war eine sehr einvernehmliche Diskussion – sehr deutlich gemacht, dass Haushaltskonsolidierung, Strukturreformen und Wachstum nicht etwa Gegensätze sind, sondern einander bedingen», sagte sie.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso rief seinerseits die EU-Mitgliedstaaten dazu auf, die auf EU-Ebene gefällten Beschlüsse schneller umzusetzen: «Die Implementierung geht zu langsam voran.» Auf dem Juni-Gipfel werden die EU-Chefs dann die einzelnen Länder unter die Lupe nehmen und beurteilen, wie die bisher getroffenen Massnahmen gewirkt haben.
Syrien und Ungarn am Rand ein Thema
Am Rande des Gipfels wurde ausserdem über die von Frankreich und Grossbritannien geforderte Aufhebung des EU-Waffenembargo gegen Syrien diskutiert. Die beiden Staaten schliessen dabei nicht aus, notfalls auch ohne EU-Einigung Waffen an die Rebellen zu liefern.
Merkel bekräftigte, dass Deutschland zu einer Diskussion über Waffenlieferungen an die Rebellen in Syrien bereit sei, einen solchen Schritt aber skeptisch sehe.
Vor dem EU-Gipfel in Brüssel hatte sich der ungarische Regierungschef Viktor Orban für die vom ungarischen Parlament am Montag beschlossenen Verfassungsänderungen gerechtfertigt. Er akzeptierte die von der EU geäusserte Kritik nicht, die neue Verfassung sei anti-demokratisch. Im Gegenzug warf er der EU vor, ihre Kritik basiere nicht auf Fakten.
Orbans Fidesz-Partei hatte am Montag Verfassungsänderungen im Parlament durchgesetzt, die international als Einschränkung demokratischer Rechte kritisiert werden. EU-Justizkommissarin Viviane Reding drohte Ungarn deswegen mit der Kappung europäischer Hilfen.
Kommissionspräsident Barroso bestätigte, dass Ungarn ein Thema am Gipfeltreffen war, wollte jedoch keine Angaben über den Verlauf der Debatte machen. Er versprach eine rasche Auskunft über die Zulässigkeit einer umstrittenen Verfassungsänderung in Ungarn.
Zypern am Freitag auf Programm
In den Verhandlungen über ein Hilfspaket für Zypern erwartet Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker eine Lösung bei einem Treffen der Eurogruppe am Freitag. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Wochenende verstreichen lässt, ohne dass man das Zypern-Problem gelöst hat», sagte Juncker am frühen Freitagmorgen in Brüssel.
Bei dem Treffen der Euro-Finanzminister «muss die Zypern-Frage nicht nur einer Lösung näher gebracht werden», sondern nachher auch «in abgeschlossener Form» vorliegen. Über Hilfen für Zypern aus dem Euro-Rettungsfonds wird seit Monaten verhandelt. Die Euro-Finanzminister beraten am Freitagnachmittag im Anschluss an den EU-Gipfel in Brüssel über das Hilfspaket. Juncker äusserte sich nach einem Gespräch in der Runde der 17 Staats- und Regierungschefs der Eurozone.
Juncker warnte vor Lösungen, die auch eine erzwungene Beteiligung privater Gläubiger an dem Hilfspaket für das hoch verschuldete Land vorsehen, einen sogenannten «Haircut». «Ich bin nicht der Auffassung, dass man sich blind in Haircut-Lösungen stürzen sollte», sagte Juncker. «Man sollte sich das sorgsam überlegen.» Die Eurozone habe bei Griechenland angekündigt, dass ein solcher Schritt ein Einzelfall sei. «Man muss eine Lösung suchen, die nicht einem plumpen Haircut entspricht.»
Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann hält es «für möglich, dass die Finanzminister zu einem Ergebnis kommen». Aber auch Zypern stehe ein langer Weg bevor. Was «Steuerbetrug und Steueroasen» angehe, «ist Zypern von dem, was ich rechtstaatlich in Ordnung finde, noch weit entfernt», sagte Faymann. Er sei jedoch der Meinung, «die Eurozone sollte zu allen Ländern stehen, die die Bedingungen erfüllen». Und das habe die neue Regierung in Zypern versprochen.
sda/AFP/kpn/chk
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch