Sturm verwüstet Basel«Wir müssen mit immer extremeren Wetterlagen rechnen»
Seit frühmorgens werden die Sturmschäden beseitigt. Besonders gefährlich: die zahlreichen abgebrochenen Bäume. Als Ursache sieht der Leiter der Stadtgärtnerei Emanuel Trueb die hohen Lufttemperaturen. Für die Tiere war der Mittwoch ein schwarzer Tag.

Zwei Zentimeter grosse Hagelkörner, fliegende Toilettenanlagen und umgestürzte Bäume: Der Sturm von gestern Abend zog eine Spur der Verwüstung durch die Region. Dass Menschen zu Schaden gekommen wären, ist momentan nicht bekannt. Seit den frühen Morgenstunden beseitigt die Basler Stadtgärtnerei die entstandenen Schäden und Gefahrenquellen. Was dabei besonders auffällt: Die Schäden an den Bäumen sind vergleichsweise massiv ausgefallen. Besonders betroffen sind Bäume im Wolfgottesacker und im Schwarzpark, wo gemäss Medienmitteilung der Stadtgärtnerei ganze Kronenteile von Bäumen aus dem vorletzten Jahrhundert durch Drehwinde abgerissen wurden.
Der Leiter der Stadtgärtnerei Emanuel Trueb erklärt: Drehwinde könne man sich wie punktuelle Tornados vorstellen. Diese seien gestern Abend in Basel genug stark gewesen, um Äste mit 30 bis 40 Zentimeter Durchmesser aus den Baumkronen herauszureissen. Das habe zum einen mit der grossen Trockenheit zu tun und zum anderen damit, dass die Bäume gerade voll im Laub stünden. «Die dicht belaubte Baumkrone funktioniert bei Sturm wie eine Art Segel und bietet eine riesige Angriffsfläche», so Trueb.
Hunderte Notrufe eingegangen
Bei der Verwüstung handle es sich dieses Mal um eine ausserordentliche Situation. «Es sind Schäden an Orten entstanden, an denen wir sie nie erwartet hätten.» So heftig wie schon lange nicht mehr seien kerngesunde Bäume vom Unwetter getroffen worden. Trueb sieht die Ursache im sich verändernden Klima: «Die hohen Lufttemperaturen führen zu unglaublichen Dynamiken in der Atmosphäre. Wir müssen in Zukunft mit immer extremeren Wetterlagen rechnen.»

Von herabfallenden, schweren Ästen gehe eine erhebliche Gefahr aus. Diese versuche man nun zu eliminieren. «Wir kümmern uns als Erstes um alle stark begangenen Strassen, Wege und Plätze. Die unmittelbaren Gefahren sollen in den nächsten 48 Stunden gebannt sein», so Trueb. In einem zweiten Schritt müsse man das ganze Grüngut abführen. Im Herbst werden die Baumspezialisten nach versteckten Schäden suchen. «Es können in Bäumen Schäden entstanden sein, die man nicht auf den ersten Blick sieht. Zudem werden wir nicht umhinkommen, einzelne Bäume im Winter zu fällen, da sie unrettbar geschädigt wurden.»
Auch im Baselbiet hat das Unwetter gewütet. Vor allem in den Bezirken Laufen und Arlesheim kam es gemäss Medienmitteilung zu einem heftigen Gewitter mit starken Windböen, wobei unzählige Bäume geknickt, Dächer abgedeckt, Keller geflutet, Baustellensignalisationen und Baugerüste umgestürzt sowie Alarmanlagen ausgelöst wurden. Rund 150 Notrufe seien bei der Einsatzleitzentrale der Polizei Basel-Landschaft eingegangen, davon 73 wegen umgestürzter Bäume.

Der Hagel hinterliess an Obst- und Gemüsekulturen schwere Schäden. Betroffen waren vor allem Felder in den Gemeinden Oberwil, Therwil, Biel-Benken und Binningen, wie Lukas Kilcher, Leiter des Ebenrain-Zentrums sagt. Er beschreibt die Zerstörung so: «Beim Feldgemüse ist alles kaputt. So etwas habe ich noch nie gesehen.» Felder wurden völlig ausgeschwemmt, der Hagel hat das Gemüse mit seiner Wucht ruiniert.

Besonders betroffen seien etwa Maisfelder oder Hochstammbäume, die man nicht mit Hagelnetzen schützen kann. Aber auch bei Obstbäumen, die mit Netzen geschützt waren, gab es grosse Schäden. Der Hagel hat Blätter und Rinde abgeschlagen. «Teilweise sind junge Obstbäume so stark beschädigt, dass neue gepflanzt werden müssen.» Bei anderen werde es noch lange dauern, bis sie sich erholen. «Es ist eine schwierige Situation.» Wie gross der Schaden insgesamt sei, lasse sich noch nicht bemessen.

Verletztes Eichhörnchen in Tierklinik gebracht
Hart getroffen hat der Sturm auch die Wildtiere in der Region. So berichtet Kilcher von vom Hagel erschlagenen Störchen in Oberwil. Zudem hat das Unwetter im St.-Johann-Quartier ein junges Eichhörnchen wortwörtlich aus dem Baum gehagelt. Ein Video, das der BaZ vorliegt, zeigt das verletzte Tier:
Anwohner hatten das Eichhörnchen nach dem Auffinden in die Basler Tierklinik Vet-Trust gebracht. Dort wurde der kleine Nager unter der Wärmelampe versorgt und schlief nach einigen Stunden für immer ein. Insgesamt wurden wegen des Sturms aber nicht mehr Tiere eingeliefert als sonst, wie es auf Anfrage bei der Vet-Trust heisst. Das kantonale Veterinäramt hat bisher nur eine Meldung von einem verletzten Tier erhalten. Auch hier handle es sich um ein Nagetier.
Wer ein verletztes Wildtier findet, soll dies der Einsatzzentrale der Polizei melden, wie Anne Tschudin vom Basler Gesundheitsdepartement sagt. «Bei Heimtieren wie Hunden oder Katzen kann es aus Eigentumsgründen und medizinischen Kostenfolgen heikel sein, ein verletztes Tier auf eigene Faust zu entfernen und in eine Tierarztpraxis zu bringen», so Tschudin. Auch in solchen Fällen sei primär die Einsatzzentrale zu verständigen oder zu Bürozeiten das Veterinäramt.
Lange Erlen vorübergehend geschlossen
Bedroht seien von solchen Unwettern im Prinzip alle Tiere, die sich im Freien befänden, sagt Tschudin weiter. Im Zoo Basel wurden deshalb laut Mediensprecherin Corinne Moser alle Tiere im Hinblick auf die Wetterprognose im Voraus eingestallt. Abgesehen von einem Ast, der auf einen Besucherweg heruntergefallen sei, habe es daher keine Probleme gegeben.
Der Tierpark Lange Erlen muss derweil wegen Aufräumarbeiten vorerst geschlossen bleiben. Hier hat der Sturm mehrere Bäume umgeworfen. «Die Bäume liegen auf den Wegen und haben mehrere Gehege beeinträchtigt», sagt Tierparkleiter Bruno Ris. Es seien weder Tiere noch Menschen zu Schaden gekommen. Aus Sicherheitsgründen müssen nun die restlichen Bäume kontrolliert werden. Ob der Park am Freitag wieder öffnen kann, hänge davon ab, wie schnell man mit den Aufräumarbeiten vorankomme, so Ris.
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