Wieder ist ein Flüchtlingsboot im Mittelmeer havariert
Schon wieder kenterte ein Flüchtlingsboot auf der Fahrt nach Europa. Mindestens 27 Menschen kamen ums Leben, zehn davon sind Kinder. Es ist zu befürchten, dass die Zahl der Toten noch steigen wird.
Inmitten der hitzigen Debatte um Konsequenzen aus der Bootskatastrophe vor Lampedusa sind unweit der Unglücksstelle erneut dutzende Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken. Mindestens 27 Schiffbrüchige kamen ums Leben, als ihr überfülltes Boot 60 Seemeilen vor der Insel kenterte, wie die maltesische Regierung am Freitagabend mitteilte.
Die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtete gar von rund 50 Toten, darunter etwa zehn Kinder. Die EU-Kommission reagierte bestürzt. «Die Rettungsarbeiten laufen noch», sagte Muscat am Abend. Etwa 150 Schiffbrüchige seien von einem maltesischen Schiff aufgenommen worden. Die italienische Küstenwache zog ihrerseits rund 50 Flüchtlinge aus dem Wasser und schickte wie die maltesische Seite mehrere Boote und Helikopter zur Unglücksstelle, die fast schon in libyschen Gewässern liegt.
Auf stürmischer See
Nach Angaben der maltesischen Marine war das Schiff in stürmischer See gekentert, als sich die Flüchtlinge an einem Ende des Bootes versammelten, um ein Militärflugzeug auf sich aufmerksam zu machen. Per Satellitentelefon konnten sie einen Notruf absetzen. Die nächtlichen Rettungsarbeiten wurden jedoch durch starke Winde erschwert, wie ein Marinesprecher erklärte.
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström dankte beiden Mittelmeerländern für ihr rasches Eingreifen und erklärte, sie verfolge die Ereignisse «mit Trauer und Sorge». «Diese neuen Dramen geschehen, während wir noch die schockierenden Bilder der Tragödie von Lampedusa in unseren Köpfen haben», fügte sie hinzu.
Bei dem vorherigen Flüchtlingsdrama vor der italienischen Insel waren am Donnerstag vergangener Woche mehr als 300 Asylsuchende aus Afrika ums Leben gekommen. Nur 155 der geschätzt rund 500 Bootsinsassen konnten gerettet werden. Seit dem Unglück wird in der EU heftig über die europäische Flüchtlingspolitik diskutiert.
«Nicht allein gelassen werden»
«Italien und Malta können mit diesem Problem nicht allein gelassen werden», sagte Muscat nach einem Telefonat mit dem italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta, der seinerseits von einer «dramatischen Bestätigung des Notstands» sprach. Beide Länder fordern mehr Unterstützung bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms, stehen aber auch in der Kritik wegen ihres Umgangs mit den Hilfesuchenden.
«Wenn ein Boot kentert, darf es keine Rolle spielen, ob ein Land mit den Flüchtlingen überfordert ist», sagte der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok dem Nachrichtenmagazin «Focus» laut Vorabmeldung. «Die Rettung der Menschen muss im Vordergrund stehen.» Brok forderte zudem einen «fairen Verteilungsschlüssel», mit dem Flüchtlinge von den EU-Ländern aufgenommen werden sollen.
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung kritisierte die Bedingungen für Flüchtlinge auf Lampedusa scharf. «Das ist menschenunwürdig, das entspricht nicht den europäischen Standards», sagte Maria Böhmer (CDU) der «Rheinischen Post» (Samstagsausgabe). Italien müsse dringend nachbessern. Bei seinem Besuch auf Lampedusa war am Dienstag auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso von Aktivisten und Anwohnern ausgebuht und beschimpft worden.
SDA/ami/chk
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