Fleischloses Festessen Wie wäre es dieses Jahr mit veganem Fondue chinoise?
Zu Weihnachten verzichten immer mehr Leute bewusst auf Fleisch. Die Lebensmittelindustrie hat den Trend erkannt und wittert gute Geschäfte.

Terrine, Fondue chinoise oder Filet im Teig – traditionsgemäss ist das Weihnachtsmenü in der Schweiz fleischlastig. Doch die Zahl der Menschen, die sich pflanzlich oder vegetarisch ernähren, nimmt zu. Das wittern auch die Lebensmittelhersteller – und entwickeln für Weihnachten vegane Fleischalternativen. Manche dieser Produkte finden so grossen Anklang, dass sie kurz vor dem Fest nur noch schwer zu bekommen sind.
Ein Weihnachtsschmaus ohne Fleisch: Pünktlich zur Festtagszeit hat etwa das Start-up Planted den nach eigener Aussage «schweizweit ersten pflanzenbasierten Braten» lanciert. Dieser besteht aus Erbsen-, Sonnenblumen- und Haferproteinen. Zu kaufen gibt es das vegane Fleisch am Stück hierzulande bei Coop, inklusive Bratensauce des Münchner Starkochs Sebastian Copien.
Die Sauce soll nach Röstaromen schmecken und der Braten eine faserige Textur haben. Doch wer das Ready-to-cook-Produkt noch ergattern will, muss sich sputen: «Wir sind fast ausverkauft», sagt Planted-Mediensprecherin Vicky Kummer.

Den Herstellern winken gute Geschäfte
Von 2016 bis 2020 hat sich der Umsatz mit solchen Erzeugnissen, die in der Regel komplett aus pflanzlichen Rohstoffen oder Pilzen bestehen, im Schweizer Detailhandel fast verdoppelt: auf 117 Millionen Franken.
Laut Swissveg, der Interessenvertretung vegan und vegetarisch lebender Menschen in der Schweiz, konsumierten 2022 rund 57 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer Fleischersatzprodukte. Und das Marktforschungsunternehmen Mordor Intelligence prognostiziert dem heutigen Nischenmarkt bis 2026 global ein jährliches Wachstum von 7,91 Prozent.
Auch in der «vegetarischen Metzgerei», die zum Zürcher Vegi-Restaurant-Pionier Hiltl gehört, spürt man den wachsenden Bedarf an veganen Fleischalternativen. Tofu, Tempeh – ein mit Schimmelpilz fermentiertes Sojaprodukt – oder das auf Weizeneiweiss basierende Seitan sind äusserst beliebt.
«Seit 2019 ist die Nachfrage nach unseren Produkten um 60 bis 80 Prozent gestiegen», sagt Patrick Becker, Head of Marketing & Communications bei Hiltl. Eine Entwicklung, die sich in der Festtagszeit besonders stark bemerkbar mache.
Vegane Foie gras aus dem Hause Nestlé
Ebenfalls rasant laufen die Verkäufe bei Nestlé: Unter dem Label «Garden Gourmet» hat der Konzern Ende November die beschränkte Auflage einer veganen Foie gras auf den Markt gebracht, die «Voie Gras». Nestlé habe Konsumentinnen und Konsumenten befragt und herausgefunden: Die Leute stünden dem Geschmack von Foie gras durchaus positiv gegenüber, störten sich aber daran, wie die Tiere für die Produktion von Gänsestopfleber behandelt würden.
Die vegane Variante von Nestlé besteht aus Zutaten wie Miso, einer würzigen japanischen Sojapaste, geröstetem Sesam, Trüffelöl und Sheabutter. «Die Lancierung ist gut angelaufen, und das Produkt verkauft sich sehr gut», sagt ein Nestlé-Sprecher.

Tibits kommt mit der Produktion kaum hinterher
Fast ausverkauft ist das «Beet Wellington» bei Tibits, eine vegane Alternative zum «Beef Wellington», dem berühmten Filet im Teig. Und das, obwohl die vegetarische Restaurantkette die Produktion gegenüber dem Vorjahr auf die doppelte Menge hochgefahren hat – auf rund 1500 Stück.
«Wir könnten gut noch mehr verkaufen», sagt Tibits-Marketingleiter Amar Abbas. Da das Gericht aber von Hand hergestellt werde, sei die Produktion limitiert.
Die vegane Randenwurst im pflanzlichen Teig gibt es bei Tibits seit letztem Jahr zu kaufen. Genauso wie das vegane Fondue chinoise. «Immer mehr Menschen reduzieren ihren Konsum an tierischen Produkten», nennt Abbas den Grund für die Produktlancierungen. «Sie wollen die Umwelt, aber auch ihre Gesundheit schützen. Seit der Pandemie ernähren sich die Leute viel bewusster.» Ab Januar stellt Tibits denn auch zwei seiner zwölf vegetarischen Restaurants auf rein pflanzlich um.
Vegi-Lachs aus der Gourmetbox
Dass es inzwischen als Anbieter im Food-Bereich kaum mehr ohne vegane Optionen geht, spüren auch die Anbieter von Kochboxen. So können Einkaufsmuffel etwa bei der Firma Gourmetbox in Bern zu Weihnachten neben klassischen Fleischgerichten wie gefülltem Truthahn oder Rindsfilet im Teig auch eine vegane Lachs-Alternative auf Süsskartoffelbasis nach Hause bestellen.
«Diese läuft sehr gut», sagt Geschäftsführer Martin Schanz. «Wir marinieren und räuchern das Produkt selber, und es liegt deutlich näher am Original als etwa der Rüeblilachs», ist er überzeugt.
Für genügend vegane Alternativen am Weihnachtsfest ist dieses Jahr also gesorgt. Doch aufgepasst: In einigen Fällen könnte dies auch für Streit sorgen. Schliesslich verläuft die Carnivoren-Veganer-Konfliktlinie oft mitten durch Familien hindurch. Und gewisse Fleischesser wollen partout nichts von den neuen Vegi-Alternativen wissen.
Experten raten hier zu einer guten Planung des Fests. Besser im Vorfeld abklären, wie man den verschiedenen Essbedürfnissen an Heiligabend gerecht werden kann. Denn Konfliktpotenzial mit der Familie gibt es ja auch sonst meist mehr als genug.
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