Wie Privatsender «echtes Leben» erfinden
Das private Fernsehen geht immer mehr dazu über, die Wirklichkeit in seinen Doku- und Reality-Formaten komplett zu erfinden. Die Realität ist selber daran schuld: Sie macht es dem Medium einfach zu schwer.
Dem Fernsehen hat man einmal zugestanden, es halte das Kämmerlein der Wirklichkeit rein und man dürfe den eigenen Augen trauen. Das war damals, als die Welt noch einfach war und dort, wo «Dokumentation» draufstand, wirklich Dokumentation drin war. Die Regeln der filmischen Inszenierung waren einigermassen transparent; und die dem Leben entnommenen und ihm wieder ausgesetzten Personen waren bestimmt zivilstandsamtlich und polizeilich gemeldet. Da konnte die Realität sich dann so absurd benehmen, wie sie wollte. Man hatte das Vertrauen, es sei eben so, und wie es sei, sei es halt tatsächlich so fürchterlich.