Wie Merkel Europa retten will
Die deutsche Regierung hat einen Wachstumsplan ausgearbeitet. Damit – und mit neuen Steuern – will sie die Opposition für den Fiskalpakt ködern. Auch die G-7-Finanzminister hecken neue Strategien gegen die Krise aus.

Die deutsche Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel befindet sich zwischen Hammer und Amboss. In den letzten Wochen dominierte vor allem der Streit mit anderen EU-Ländern um eine Wachstumsstrategie und ein Aufweichen des harten Sparkurses die Medien. Nun spitzt sich das Ringen um einen Ausweg aus der Eurokrise auch in Deutschland selber zu.
Die Opposition aus SPD und Grünen fordert für ihre Zustimmung zum Euro-Fiskalpakt ein griffiges Wachstumsprogramm. Der Koalitionspartner FDP stemmt sich gegen ein weiteres schuldenfinanziertes Wachstum, stattdessen verlangen die Liberalen Strukturreformen.
Auch die Aussenfront ist in Bewegung. Die Finanzminister der G-7-Staaten wollen sich noch heute zu einer telefonischen Krisenkonferenz zusammenschliessen. Im Fokus steht die Sorge um Spanien und zahlreiche unterkapitalisierte Banken, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Die Märkte schöpften daraufhin etwas Hoffnung. In Japan schloss der Nikkei-Index rund ein Prozent höher, in der Schweiz startete der SMI leicht im Plus.
«Nicht mehr ausgeben als bisher»
In diesem politischen Spannungsfeld hat die Regierung Merkel nun einen Plan für einen europäischen Wachstumspakt ausgearbeitet, berichten diverse Medien gestützt auf Reuters. Aussenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte diesen bereits Mitte Mai im deutschen Bundestag umrissen. Die Maxime lautet, die EU darf «nicht mehr ausgeben als bisher». Stattdessen müsse sie die Mittel besser einsetzen.
Auch der nun konkretisierte Plan trägt klar die Handschrift der FDP. Federführend sei das Wirtschaftsministerium unter der Leitung von FDP-Chef Philipp Rösler gewesen. Gestern sei das Papier mit dem Titel «Mehr Wachstum für Europa: Beschäftigung-Investitionen-Innovationen» zwischen Kanzleramt, Wirtschafts- und Aussenministerium bereinigt worden, schreibt das «Handelsblatt».
Plan: Umleitung von EU-Geldern
Der Plan sieht eine Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank (EIB) vor. Berlin legt sich im Konzept auf eine Erhöhung des Kapitals um zehn Milliarden Euro fest. Damit könne die EIB in den kommenden Jahren rund 15 Milliarden Euro mehr Kredite pro Jahr gewähren. Weiter will die deutsche Regierung der in vielen EU-Ländern verheerenden Jugendarbeitslosigkeit Rechnung tragen. Ausdrücklich wird der Plan der EU-Kommission gelobt, dafür 7,3 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung zu stellen.
Schliesslich wünscht sich Berlin eine verstärkte wirtschaftspolitische Abstimmung in der Eurozone. «Deshalb sollte der Europäische Rat auch die Frage prüfen, wie die Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik verbessert und verbindlicher gestaltet werden kann», heisst es. Laut Finanzminister Schäuble braucht es gar eine «richtige Fiskalunion», wie er im «Handelsblatt» sagte. Schrittweise könne auch eine Bankenunion erreicht werden, wie sie EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso vorschlägt.
Auch die Vergabe von EU-Fördermitteln will Berlin reformieren. Und schliesslich befürwortet die deutsche Regierung auch sogenannte Projektanleihen, mit denen aus dem EU-Haushalt private Kredite abgesichert werden können.
Besteuerung der Finanzmärkte
Ob die Opposition all dem zustimmen wird, ist zurzeit ungewiss. Die Regierung ist jedoch auf ihre Stimmen angewiesen. Bei früherer Gelegenheit hat die SPD ähnliche Vorschläge als «reine Rhetorik» abgetan. Um ihr den Fiskalpakt zu versüssen, sieht die Regierung nun offenbar eine Besteuerung der Finanzmärkte vor. Die Spitzen der Koalition hätten beschlossen bis am 13. Juni einen Vorschlag auszuarbeiten, schreibt das «Handelsblatt». Dann steht ein Treffen mit der Opposition an.
Um Form und Ausgestaltung der Steuer wird noch gerungen. Die FDP lehnt eine Finanztransaktionssteuer klar ab – und die Partei wolle auch bei ihrer Ablehnung bleiben, berichtet die «Rheinische Post».
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch