Sm’Aesch-Neuzugang im PorträtWie eine schwedische Postbotin zum Volleyball-Profi wurde
Vilma Andersson spielt seit dieser Saison bei Sm’Aesch-Pfeffingen. Die 21-jährige Nationalspielerin kann ihren Lebensunterhalt erst seit kurzem mit dem Sport bestreiten und freut sich auf das anstehende Spitzenspiel gegen Meister Viteos NUC.

Eigentlich kam Vilma Andersson ins Baselbiet, um Volleyball zu spielen. Doch ganz unverhofft wurde sie hier quasi über Nacht zum Social-Media-Star. Mittlerweile rund 6 Millionen Aufrufe zählt ein kurzes Video auf der Instagram-Seite von Sm’Aesch-Pfeffingen, auf dem Andersson mit Cheftrainer Andi Vollmer in der Löhrenackerhalle ihr Blockspiel trainiert und Mitspielerin Marie-Alex Bélanger mit dem Ball im Gesicht trifft.
Doch auch wie es ist, abseits der Welt der sozialen Netzwerke im Rampenlicht zu stehen, weiss Andersson bereits. Als schwedische Nationalspielerin stiess die 21-Jährige mit ihrem Team an der Europameisterschaft im vergangenen Sommer bis in den Viertelfinal vor.
Den Achtelfinalsieg gegen Co-Gastgeber Bulgarien beschreibt die 185 Zentimeter grosse Passeuse als den bisher grössten Moment in ihrer noch jungen Karriere. «Die ganze Halle war gegen uns. Die Menschenmenge verstummen zu lassen, war ein unbeschreibliches Gefühl.» In der Runde der letzten acht gegen die Niederlande war für die Schwedinnen dann Endstation. Da sie mit der National-Equipe so lange unterwegs gewesen war, stiess Andersson erst am 6. September zum Team von Sm’Aesch, als Neuzugang und letzte Kaderspielerin. Nur knapp einen Monat vor Saisonstart blieb Andersson wenig Eingewöhnungszeit, die sich jedoch einfacher gestaltete als gedacht. «Mein Vorteil war, dass ich aufgrund der EM bereits in Form war. Auch mein Team hat mir den Prozess erleichtert, ich fühlte mich sehr schnell integriert.»
Erste Profistation
So konnte sich die Schwedin zu 100 Prozent auf den Sport fokussieren. Ein Luxus, den sie so bisher nicht kannte. In der höchsten schwedischen Liga können nur ausländische Akteurinnen professionell Volleyball spielen, einheimische Spielerinnen wie Andersson müssen sich ihr Geld anders verdienen. «Alle hatten einen Job oder gingen noch zur Schule. Manche hatten eine Vollzeitstelle und kamen danach direkt zum Training.» Auch Andersson suchte sich daher Arbeit, um sich ihr Leben finanzieren zu können, und wurde in ihrer Heimat als Postbotin tätig.
So wurde es ihr Ziel, eines Tages Profi zu werden. Ein Traum, den sich Andersson nun erfüllen konnte. Ihre Agentin Charlotte Harris pflegt schon seit längerem hervorragende Kontakte mit Sm’Aesch, vermittelte bereits Spielerinnen wie Kelli Bates oder Madison Duello ins Birstal. Über sie kam nun auch der Transfer von Andersson zustande. Die Schwedin hatte auch andere Angebote, doch sie wollte unbedingt zu Sm’Aesch wechseln. «Der Club war mir bekannt. Andere Schwedinnen, die bereits in der Schweiz gespielt hatten, sprachen sehr positiv über die Schweizer Liga und dass Sm’Aesch ein absolutes Spitzenteam sei.»

Nun ist Andersson im Baselbiet angekommen. Als Profi kann sie hier zwei Mal täglich trainieren, lebt in einer Wohngemeinschaft mit zwei Mitspielerinnen, bekam vom Verein zwei Autos zur Verfügung gestellt, die sie sich mit ihren Mitbewohnerinnen teilt. Ein Lebensstil, den sie sich vor vier Jahren noch nicht einmal hätte erträumen lassen. «Ich war damals noch sehr jung und unsicher», erzählt die 21-Jährige. Sie besuchte damals die Volleyball-High-School in Falköping, wechselte nach dem Abschluss nach Engelholm, wo sie auf höchstem Niveau Volleyball spielen konnte. Auch ihre Schwester spielte dort, zu der sie ein sehr enges Verhältnis pflegt. Doch der Abgang ihrer Schwester entpuppte sich für Andersson als Glücksfall: «Als sie wechselte, war ich gezwungen, mich mit anderen Leuten abzugeben, was für meine persönliche Entwicklung enorm hilfreich war.»
Selbstbewusst vor Spitzenspiel
Heute wirkt die Schwedin äusserst selbstsicher, ist gesprächig, humorvoll. Privat entspannt sie gerne bei einem guten Buch oder einem Film. Nebenbei lernt sie die deutsche Sprache. Und hat mit ihrem Team auch sportlich Grosses vor: «Ich möchte dem Club helfen, seine Ziele zu erreichen und meinen bestmöglichen Beitrag zu leisten.» Der Saisonauftakt ist bereits geglückt, die Baselbieterinnen stehen nach fünf absolvierten Partien noch ohne Satzverlust an der Spitze der NLA-Qualifikation. Erneut unter Beweis stellen kann Andersson ihre Ambitionen am heutigen Samstag, wenn Sm’Aesch in der Löhrenackerhalle den Meister Viteos NUC empfängt. «Ich erwarte ein enges und spektakuläres Spiel und hoffe auf viele Zuschauer», sagt sie. Angespannt sei sie im Vorfeld der Partie noch nicht, «doch ich bin sicher, dass die Nervosität noch kommt».
NLA. Heute, 18.30 Uhr: Sm’Aesch-Pfeffingen - Viteos NUC (Mehrzweckhalle Löhrenacker).
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