Wie die EU die Schuldensünder bestrafen will
Nach dem Aufspannen des Euro-Rettungsschirms drücken die EU-Finanzminister bei der Reform des Stabilitätspakts aufs Tempo. Zur Debatte stehen nicht nur finanzielle Sanktionen.

Unter den EU-Finanzministern herrsche breite Einigkeit, Schuldensünder künftig mit «finanziellen und nicht-finanziellen Sanktionen» zum Sparen zu zwingen, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Freitag in Brüssel. Dort hatte die Taskforce zur Stabilisierung der Einheitswährung ihre Arbeit aufgenommen, bis zum Oktober will sie ein Reformprogramm vorlegen.
Der Vorschlag des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble, hoch verschuldete Staaten notfalls in eine geordnete Insolvenz zu schicken, wurde zunächst auf die lange Bank geschoben. «Wir müssen Vertragsänderungen zunächst vergessen und stattdessen tun, was jetzt getan werden kann», sagte die französische Ressortchefin Christine Lagarde auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Schäuble. Und das heisse, «dem Stabilitätspakt Muskeln zu verpassen».
Schäuble räumte ein, er habe zunächst keine Anhänger für den Insolvenzvorstoss gefunden, «aber es sind heute keine Entscheidungen getroffen worden». Bereits in zwei Wochen will die Arbeitsgruppe erneut zusammenkommen und noch vor dem EU-Gipfel am 17. Juni einen Zwischenbericht vorlegen.
Van Rompuy und Schäuble nicht einig
Auch Van Rompuy stellte klar, dass Änderungen des Lissabon-Vertrages wie von Deutschland gewünscht keine Priorität haben. «Wir müssen so weit wie möglich im Rahmen des gültigen Vertrages gehen.» Ein drängendes Anliegen bleibt damit zunächst ungeklärt: Der vor zwei Wochen beschlossene und am Freitag im deutschen Bundestag verabschiedete Rettungsschirm ist auf drei Jahre begrenzt. Die Kommission will aus der dafür gegründeten Zweckgesellschaft eine permanente Institution machen. Für Schäuble kommt dies nur in Frage, wenn gleichzeitig die Möglichkeit einer geordneten Staatsinsolvenz geschaffen wird.
Rasche Einigungsmöglichkeit zeichnet sich für schärfere Sanktionen ab. Die deutschen Kernforderungen zur Erzwingung von mehr Haushaltsdisziplin: Schuldensündern sollen EU-Mittel gekürzt, im Extremfall ganz gestrichen werden. Auch das Stimmrecht soll den schwarzen Schafen befristet entzogen werden. Dies wären die «nicht-finanziellen Sanktionen», für die Van Rompuy breite Zustimmung ausmachte.
Schreckgespenst Schuldenübernahme
Um Krisen künftig vorzubeugen, sollen aber nicht nur die Strafen verschärft werden: Die Kommission hat vorgeschlagen, die Haushalte der Mitgliedsstaaten künftig schon vor den nationalen Parlamenten zu prüfen und abzustimmen. Bislang kann Brüssel erst nach der Verabschiedung der Haushalte Stellung nehmen - was dann ohne Folgen bleibt.
Bleibt die Frage, wie im Notfall staatliche Liquiditätskrisen rasch gestoppt werden können. Dafür will EU-Währungskommmissar Olli Rehn die Zweckgesellschaft des Rettungsschirms in einen permanenten Fonds umwandeln. Van Rompuy sagte am Abend, er habe «eine Idee erwähnt», Schulden eines Staates zu vergemeinschaften, wenn dieser trotz Haushaltsdisziplin in die Schieflage gerate. Eine Diskussion über die Idee der Schuldenübernahme habe es aber nicht gegeben. Tatsächlich zielt diese auf das genaue Gegenteil der deutschen Position, durch eine drohende Insolvenz den Spardruck im Euroraum zu erhöhen.
ddp/vin
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