«Wie auf Muri eingeprügelt wird, ist übertrieben»
Der GC-Trainer spricht vor dem 270. Derby nicht. Dafür tun es andere – mit unterschiedlichen Meinungen.
Eigentlich hätten Sie an diesem Donnerstagmorgen ja über ihren Arbeitgeber sprechen sollen, die neuen und alten Aushängeschilder von Teleclub. Darüber, wie sie sich vor ihren neuen Aufgaben als Experten oder Moderatoren fühlen, oder aber über die grossartigen Dinge, die Swisscom auf die neue Saison hin plant. Live-Übertragungen in Champions- und Europa League bis zum Gehtnichtmehr, Public Viewings, prominentes Experten-Line-Up, das volle Programm.
Nur dominiert an diesem Donnerstagmorgen in einer Zürcher Bar bei der Hardbrücke ein anderes Thema. Denn in der Stadt ist Derbyzeit. Am Samstag treffen der FC Zürich und die Grasshoppers zum fünften Mal in dieser Saison (inklusive Cup-Halbfinal) aufeinander, zum 270. Mal insgesamt. Und da sich das Expertenteam des TV-Senders schon fast wie eine Best-Of-Auswahl aus vergangenen Zeiten der Zürcher Vereine liest, interessieren nach der Präsentation des Teleclubs-Wahnsinns vor allem zwei Buchstaben: GC.
Die Aussagen vom ausgemusterten Runar Mar Sigurjonsson («Yakin spielt ein Kindergartenspiel»), Florian Kamberi («Ich wurde respektlos behandelt») und vor allem die veröffentlichten Whatsapp-Nachrichten vom mittlerweile in die U-21 verbannten Milan Vilotic («Yakin erniedrigt mich») sind so deftig, dass sie sich nicht einfach so unter den Teppich kehren lassen. Dazu kommen die allseits bekannten Probleme in der GC-Chefetage und die eben erst vom «Blick» veröffentlichte, aber gemäss Sportchef Mathias Walther falsche Lohnliste.

«Würde Muri gerne selber fragen»
«Die da vorne wollten, dass ich etwas zur GC-Krise sage», sagt Teleclub-Zuzug und Hoppers-Fan Roman Kilchsperger lachend, als er sich zum Gespräch bereit macht. Da weiss er offenbar noch nicht, dass das gerade eben geführte Interview mit einem Onlineportal an diesem Vormittag nicht das letzte über seinen Herzensverein sein wird. Kilchsperger ist in diesem Moment tatsächlich mehr Fan als TV-Mann. Der 48-Jährige erzählt davon, wie er sich immer noch so viele Spiele wie möglich im Stadion ansieht. Nicht etwa in der Loge, nein, in der Kurve steht er. Schliesslich möchte er sich «selbst ansehen, was nicht läuft und es nicht nur vom Hörensagen mitbekommen».
Viel herausgefunden hat er bei seinen Besuchen im Letzigrund aber noch nicht. Gerne würde er darum Murat Yakin selber fragen, wo die Probleme liegen, doch dieser schwänze regelmässig die abgemachten Lunchs und Abendessen. Ohnehin ist es momentan schwierig, den Trainer der Hoppers zu einem Statement zum aktuellen Durcheinander bei GC zu bringen. Am Medientermin vor einer Woche machte er einen Spruch über seine Spieler, der ihn selbst in die Bredouille brachte («Die eine Hälfte kann nicht lesen. Die andere Hälfte versteht es nicht einmal»). Die Folge davon: Der wöchentliche Termin vor dem Derby fiel aus, Maulkorb für Yakin.

«Damit musst du umgehen können»
Da müssen eben andere in die Bresche springen. Pascal Zuberbühler zum Beispiel, oder Mladen Petric, beide haben in ihrer aktiven Karriere mit GC Erfolge gefeiert, beide haben mit Yakin zusammen gespielt. Eine «Führungsperson» nennt ihn Petric, Zuberbühler gar ein «Alphatier in der Mannschaft und im Verein». Beide sind sich einig: Das derzeitige GC-Chaos darf die Leistungen der Spieler im Derby nicht beeinflussen. «Damit muss man als Profi umgehen können», so Petric. Und Zuberbühler: «Auf dem Platz muss man alles ausblenden. Dann ist es egal, ob ein Vilotic oder ein Sigurjonsson schlecht über den Trainer reden.»
Der ehemalige Goalie der Nationalmannschaft stellt sich energisch vor seinen früheren Teamkollegen. In 176 Spielen standen sie gemeinsam auf dem Platz, das erste Mal 1992 bei GC, das letzte Mal 2006 bei Basel. «Wie momentan auf Muri eingeprügelt wird, ist übertrieben», so Zuberbühler, schliesslich müsse man als Arbeitgeber wissen, dass man mit Yakin einen Mann einstellt, der erfolgreich und eben ein Alphatier sein will.

«Die Untertreibung des Jahres»
Ein weiteres Mitglied der Teleclub-Expertenrunde teilt die Meinung von Petric und Zuberbühler nur bedingt, was die Unruhen bei GC angeht. «Unruhen», beginnt Marcel Reif und muss lachen. «Das ist wohl die Untertreibung des Jahres.»
Der Kommentator und Experte ist, anders als Petric und Zuberbühler, überzeugt davon, dass Vorkommnisse wie jene in der GC-Mannschaft einen Einfluss auf das Spiel der Mannschaft haben werden. «Wenn draussen Ruhe ist, lässts sich besser Fussball spielen. Wenn Unruhe herrscht, lässts sich nicht gut Fussball spielen.» Das habe Reif in seiner langen TV-Karriere immer wieder bestätigt gefunden.
Als Beispiel nennt er den Fall Thomas Tuchel in Dortmund. Auch dort war man zu Beginn voll des Lobs für den Trainer, zog dann aber die Reissleine, weil es zwischen Tuchel und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nicht mehr stimmte. Die Reissleine würde Reif auch ziehen, wenn er an der Stelle von Murat Yakin wäre. «So könnte ich nicht zielgerichtet arbeiten, und den Anspruch hat Murat», so der Deutsche.
Mit oder ohne Yakin, mit oder ohne Whatsapp-Chats und Kindergartenspielen: Es ist Derbyzeit, die laufende Saison hat gezeigt, dass am Samstagabend einiges passieren kann. Ein 2:1 für den FC Zürich kurz vor Schluss zum Beispiel, oder ein klares 4:0 für die Hoppers. Ein junger FCZ trifft auf ein durcheinander gewirbeltes GC. Reif tut sich mit einem Tipp für das Spiel dementsprechend schwer. Seine Priorität beim Derby liegt ohnehin auf einem anderen Schwerpunkt: «Ich hätte es gerne, wenn wir uns in Zürich mehr über Fussball in einem vernünftigen neuen Stadion unterhalten würden.»
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