Wetten, dass...? Der Literaturnobelpreis auch heuer nicht an die USA geht
Über keinen anderen Nobelpreis wird vorher so viel spekuliert wie über denjenigen für Literatur. 2013 könnte er an Haruki Murakami gehen. Oder an Philip Roth. Oder an einen Autor, von dem wir alle noch nie gehört haben.
Die Riege der US-amerikanischen Top-Autoren feiert in diesem Jahr ein schmerzliches Jubiläum. 20 Jahre ist es her, dass mit der Vergabe an Toni Morrison (82) zum letzten Mal ein Literaturnobelpreis nach Nordamerika ging. Glaubt man den Auguren, geht er auch dieses Jahr in eine geografisch andere Richtung.
Geheimniskrämerei gehört zu den Lieblingsbeschäftigungen der Schwedischen Akademie, die sogar den Termin der Bekanntgabe des Preisträgers in der ersten Oktoberhälfte ganz spontan veröffentlicht - es könnte schon an diesem Donnerstag (3.10.) soweit sein, Beobachter rechnen aber eher mit einer Verkündung eine Woche später (10.10.).
Umso stärker richtet sich das Augenmerk von Literaturfreunden und Zockern auf die Gerüchte im Vorfeld. Die Wettlisten bei Anbietern wie Ladbrokes oder Unibet führt der japanische Romancier Haruki Murakami (64) wie im letzten Jahr an. Besonders spannend sind aber Namen, die relativ neu auf Listen auftauchen. Im letzten Jahr war das auch bei dem späteren Nobelpreisgewinner Mo Yan (58) so.
Politisch oder nicht?
Mit ihm ehrte die Akademie zum ersten Mal in der langen Geschichte des Literaturpreises einen in China lebenden chinesischen Autor. Der erste aus China stammende Literaturnobelpreisträger war Gao Xingjian (2000), der aber französischer Staatsbürger ist und Frankreich zugeordnet wurde.
Der regierungsnahe Mo Yan war eine umstrittene Wahl. «Mo Yan ist ein sehr guter Autor, aber das Nobelkomitee wirkte ein bisschen naiv in der Art, wie sie ihn als Preisträger präsentiert haben», sagt die Literaturexpertin Maria Schottenius, die für das Feuilleton der schwedischen Tageszeitung «Dagens Nyheter» schreibt.
Dass soviel über Preis und Preisträger diskutiert wird, belegt nach Ansicht des Ständigen Sekretärs der Akademie und Jurysprechers Peter Englund nur die ungeheure Bedeutung der Auszeichnung. «An dem Tag, an dem der Nobelpreis nicht mehr zu Kontroversen führt, ist er wohl bedeutungslos geworden», sagt Englund. Die Jury entscheide nur nach literarischer Qualität, nicht nach der Gesinnung der Autoren.
Hype um Kenianer
Gut möglich, dass die Akademie in diesem Jahr trotzdem eine politisch etwas weniger prekäre Wahl trifft. Gute Chancen hat nach Einschätzung von Literaturkennern die weissrussische Autorin und diesjährige Gewinnerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, Swetlana Alexijewitsch. Sie schreibt international beachtete Bücher über das Leben in autoritären Gesellschaften, ist in ihrer Heimat aber kaum bekannt.
Aufregung gab es vor einigen Wochen um einen angeblich verdächtig hohen Wetteinsatz, der bei Ladbrokes auf den kenianischen Autor Ngugi wa Thiong'o gesetzt worden war. Das Pikante daran: Der Tipp soll aus Schweden gekommen sein. Der britische Buchmacher dementierte prompt: «Die literarische Gerüchte-Mühle hat übersteuert.»
Abschiedsgeschenk für Philip Roth?
Glaubt man den Wettlisten, finden sich so gut wie keine deutschsprachigen Autoren unter den Anwärtern, nachdem in der jüngeren Vergangenheit Günter Grass (1999), Herta Müller (2009) und die Österreicherin Elfriede Jelinek (2004) bedacht worden waren. Stattdessen werden unter Zockern etwa der Ungar Peter Nádas (70) oder der syrische Dichter Adonis (83) gehandelt.
Relativ weit oben auf der Ladbrokes-Liste hat auch US-Autor Philip Roth (80) seinen Stammplatz. Nachdem der ewige Nobelpreis-Anwärter im vergangenen Herbst seine schriftstellerische Karriere für beendet erklärt hatte, könnten das begehrte Nobel-Diplom und die 8 Millionen Kronen Preisgeld (1,125 Millionen Franken) sein Lebenswerk vergolden.
SDA
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