Wochenduell: Die Sensation der BasketballerWerden die Starwings auch in Zukunft Titelanwärter sein?
Die regionalen NLA-Basketballer zeigten eine herausragende Saison und wurden erst im Final von Fribourg gestoppt. Ist das nun die neue Normalität bei den Baselbietern?

Pro: Die Mannschaft hat in der entscheidenden Phase ihr bestes Basketball gezeigt. Diese Erfahrung wird den Club beflügeln.
Der Ansturm auf die Tickets trotz Liveübertragung im Internet beim Final-Heimspiel der Starwings gegen Fribourg hat etwas deutlich gezeigt: Der Basketball in der Nordwestschweiz ist nicht tot. Ja, ohne Corona hätte das beste Team der Region Basel die Sporthalle Birsfelden locker gefüllt – und dabei jene Unterstützung auf seiner Seite gehabt, die es für einen nächsten Exploit gebraucht hätte.
Dass volle Ränge an Starwings-Heimspielen regelmässig möglich sind, hat die Vergangenheit gezeigt. Als die Amerikaner Ray Henderson, Mike Coffin oder Jared Mc Curry vor 15 Jahren für die Starwings auf Punktejagd gingen, taten sie dies nicht nur erfolgreich, sondern auch auf spektakuläre Art. Unvergessen, wie Henderson den Korb bei seinen Dunkings beinahe aus der Verankerung riss. Etwas, das man hierzulande selten präsentiert bekommt. Das wollen die Zuschauer sehen. Warum auch nicht in Zukunft?
Gewiss, das harte Los der Baselbieter wird auch nach dieser Saison sein, dass sie die Besten in eine stärkere Spielklasse ziehen lassen müssen. Will Topskorer Deondre Burns seine Karriere vorantreiben, muss er die Schweizer Liga – und somit die Starwings – verlassen. Die Vergangenheit, namentlich der teuer zustande gekommene Cupsieg 2010, hat das Birstaler Kombinat aber gelehrt, dass es mit den Kontrakten der ausländischen Verstärkungsspieler keine Experimente wagen kann und nur das zahlt, was es auch zahlen kann.
Doch mit dem eben erzielten sportlichen Exploit haben die Baselbieter Argumente gesammelt, wenn es um die Schweizer Spieler geht. Diese haben gesehen, dass es in der Deutschschweiz diese eine Mannschaft gibt, bei der die Einheimischen sowie die Jungen zu viel Spielpraxis kommen und anders als bei den Grossen der Liga nicht mehrheitlich auf der Bank sitzen. Die Starwings stellten die Equipe mit dem tiefsten Durchschnittsalter. Die Erkenntnisse aus der Saison 2020/21 sowie die guten Ausbildungsmöglichkeiten mit Universität und Fachhochschulen in der Region Basel können künftig den Ausschlag für einen Transfer eines Schweizer Talents zu den Starwings geben.
Denn auf den vier Ausländerpositionen müssen sich die Starwings keine Sorgen machen. Auch wenn es zu Wechseln kommen wird, hat der Verein zuletzt oft ein feines Händchen bewiesen und aus den vielen Bewerbungsvideos die richtigen Spieler ausgesucht. Jene, die sportlich, aber auch menschlich zu den Baselbietern passen.
Kann dieses homogene Gefüge aus dieser Saison beibehalten werden, dürfen die Starwings auch künftig von grossen Spielen um Titel träumen. Denn eines hat die abgelaufene Spielzeit ebenso gezeigt: Der Mannschaft ist es gelungen, genau in jener Phase ihr bestes Basketball zu zeigen, als es am wichtigsten war. Diese Erfahrung wird die Starwings auch in Zukunft beflügeln. Dominic Willimann
Contra: Trotz sportlichem Erfolg bleiben die Starwings auf dem Boden, auch darum, weil ihnen aus finanzieller Sicht gar nichts anderes übrig bleibt.
Mit der knappen Niederlage am Dienstagabend in der Freiburger Saint-Léonard-Halle ging für die Starwings eine einmalige Saison zu Ende. Die Baselbieter beendeten die Qualifikationsphase gerade noch so auf dem achten Platz, warfen danach aber als Erstes den Meisterschaftsfavoriten Genf aus den Playoffs, schlugen in der Manier eines abgeklärten Favoriten das Team von Neuchâtel und waren im Endspiel mit Gegner Fribourg über weite Strecken ebenbürtig. Trainer Dragan Andejevic nannte die Leistung seiner Spieler ein Wunder, Präsident Donati sprach von einer Sensation.
Trotzdem wird sich in Zukunft beim Baselbieter Basketballclub nichts ändern. Auch nächste Saison werden die Starwings für den Playoff-Einzug kämpfen müssen, um den Meistertitel werden andere Clubs spielen. Und die Leistungen gegen Genf, Neuchâtel und Fribourg werden nur schöne Erinnerungen sein.
Das liegt daran, dass die Starwings auch künftig finanziell nicht in einer höheren Liga spielen werden. Der Club kann seit Jahren auf seine zuverlässigen Hauptsponsoren zählen, mehr aber auch nicht. Das öffentliche Interesse am Sport in der Region ist bescheiden, die Konkurrenz mit dem FC Basel sowie den anderen regionalen Clubs wie Sm’Aesch-Pfeffingen, dem RTV oder dem EHC ist zu gross. Und auch, dass plötzlich ein williger Investor vor den Türen der Sporthalle in Birsfelden steht, ist unwahrscheinlich. Präsident Donati sagte vor der ersten Finalpartie gegen Fribourg auf die Frage, ob ein möglicher Meistertitel etwas ändern würde: «Die Ansprüche für die kommende Saison würden wohl steigen. Und dann würden wir merken, dass wir dafür ja trotzdem nicht genug Geld haben, und alles wäre wieder so wie immer. Es wird sich also nichts ändern.»
Das liegt auch daran, dass die Clubbosse bereits ihre negativen Erfahrungen mit erhöhten Erwartungen und unrealistischen Ansprüchen gemacht haben. Als die Starwings 2010 überraschend den Schweizer Cup gewannen, brach Euphorie aus. Zu viele teure Ausländer standen beim Club unter Vertrag, und der grosse Erfolg machte die Verantwortlichen gierig auf noch mehr grosse Erfolge. Doch anstatt weiterer Pokale gabs einen riesigen Schuldenberg, der erst Jahre später komplett abgebaut war. Diese Erfahrung lehrte die Beteiligten, die heute noch im Club dabei sind, vor allem eines: Demut. Die Förderung der eigenen Jugend steht seitdem im Vordergrund, dazu sollen Schweizer Spieler in der ersten Mannschaft auf Einsatzminuten kommen. Seit vielen Jahren werden pro Saison nur noch vier Ausländer verpflichtet.
Das alles ist nicht besonders aufregend und verspricht meistens keine Erfolge. Umso beeindruckender ist es, wenn es wie in der jüngsten Saison trotzdem zu überraschenden Siegen und starken Auftritten reicht. Doch diese werden auch in Zukunft die Ausnahme bleiben in Birsfelden. Tobias Müller
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, die die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen: Hängt uns der Fussball bald zum Hals heraus?Braucht die Super League den FC Sion?Ist Basel noch eine Sportstadt?
Tobias Müller schrieb seinen ersten Artikel für die Basler Zeitung im Jahr 2011 und ist seit 2018 als redaktioneller Mitarbeiter tätig. Er beschäftigt sich vor allem mit Themen aus der Leichtathletik, dem Fussball sowie dem Freizeitsport.
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