Wenn Tanz, Musik und Kunst verschmelzen
Schattenhände, Pinselstriche und Marimba-Klänge: Drei Künstler versetzten an ihrer Vernissage am Samstag das Publikum in der Herrliberger Kulturschiene ins Staunen.
Herrliberg. - Nur die Leinwand ist beleuchtet. Im dunklen Raum tanzen die Schattenhände von Silvie Lapp über die noch leere Fläche. Sanft beschwört Musiker Katsunobu Hiraki auf seiner Marimba, einem xylophon-ähnlichen Schlaginstrument, eine meditative Stimmung herauf. Noch zögert Künstler André Willi, hält Distanz zum Licht, nähert sich dann der Leinwand und beginnt seine zerbrechlichen Zeichen zu malen.
Wie japanische Schriftzeichen wachsen seine Tuschstriche über das Bild. Der Pinsel in Willis Hand scheint mit den Fingern der Tänzerin zu schweben, umtanzt den Schattenwurf ihres Körpers. Schatten und Pinsel finden sich und fliegen gemeinsam durch das Licht. Hirakis Marimba wird fordernder, lauter, zu jedem Ton malt Willi energischer. Die Bewegung des Pinsels wird freier, der Schattentanz erinnert an einen indischen Tempeltanz.
Die drei Künstler finden sich zu einer intensiven Stimmung, wie drei Jazzmusiker, die frei improvisieren. Dann plötzlich tritt Willi ein paar Schritte zurück, betrachtet das Werk und scheint aus einem Traum aufzuwachen. Der Scheinwerfer geht aus, das Bild ist fertig.
Intensive Probearbeiten
Der gebürtige Berner André Willi lebte viele Jahre in Berlin. Er studierte an der dortigen Universität der Künste und belegte auch zwei Semester in japanischer Kalligrafiekunst. Während dieser Zeit lernte er Silvie Lapp kennen. Sie widmete sich in Berlin unter anderem dem orientalischen Tanz und beschäftigte sich auch mit Flamenco und Tango. Es begann eine langjährige Zusammenarbeit. In einer gemeinsamen Performance zeigten sie ihre Kunst 2004 auf dem Potsdamer Platz.
Für die aktuelle Ausstellung in Herrliberg hatte Marielen Uster von der Kulturschiene die Idee zur musikalischen Begleitung. So fragte sie den in Zürich lebenden japanischen Musiker Katsunobu Hiraki an. Es folgten mehrere Monate intensiver Probearbeiten. Denn so einfach und schwerelos ihre Aktionskunst auch wirkt, ohne eine tiefe Beschäftigung mit der Kunst der anderen Beteiligten wäre das Ergebnis nicht so überzeugend. Hiraki selbst musizierte in Zürich während vieler Jahre im Tonhalle-Orchester sowie im Zürcher Kammerorchester.
In Deutschland die Farben verloren
Willi zog vor fünf Jahren zurück in die Schweiz. Er wollte die Farben wieder entdecken. «In Berlin habe ich die Farbe verloren und fand andererseits die japanische Kunst des Tuschmalens, der Schriftzeichen.» Diese Ausdrucksform benutzt er heute auf seine ganz eigene Art bei seinen Aktionen. «Ich setze meinen Körper wie einen Seismografen ein, registriere feinste Stimmungen und erzähle während der Performance Geschichten. Ich möchte Gefühle in meine eigenen Schriftzeichen übersetzen.» Der Betrachter hat zuweilen das Gefühl, seinen eigenen Träumen zu begegnen.
Den Titel der Ausstellung erklärt Willi so: «Lichtern, das bedeutet für mich das Licht der Kindheitsträume, das Licht, das sich in einem Regentropfen spiegelt, das Licht, das mich daran erinnert, wie es als Kind war.»
Am Samstagabend war Willi ein Zauberer, der aus Licht, Pinselstrichen und Schatten eine Partitur der Stille komponierte. Das Publikum war beeindruckt. André Willi, «Lichtern», Kulturschiene Herrliberg, noch bis zum 13. September. Öffnungszeiten: Do./Fr. 18 bis 20 Uhr, Sa./So. 14 bis 17 Uhr. André Willi ist jeweils Sa./So. anwesend.
Silvie Lapp tanzt hinter der Leinwand, André Willi lässt sich beim Malen von ihren Bewegungen inspirieren.
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