Wenn die Liebe schmerzt
Die Basler Sängerin Nina Bradlin stellt am Donnerstagabend ihr neues Album «Home Again» vor – eine musikalische Aufarbeitung der Trennung von ihrem Mann in Blues und Jazz.

«Uncle Harry was a Ladies' Man» heisst eines der Lieder auf dem neuen Album der Basler Sängerin Nina Bradlin, ein Blues, eine Hommage an ihre Heimatstadt Detroit, genauer an ihren Grossonkel Harry. Ein schräger Vogel, ein guter Pianist, der sein Geld aber nicht als Klavierspieler, sondern als Klavierverkäufer machte. Ein Lebemann soll er gewesen sein; mit dem verdienten Geld lud er ein zu Partys und in die Oper – und starb mausarm. Um die Familienbande in diesem Song noch enger zu stricken, hat Nina Bradlins Bruder Jim die Basslinie beigesteuert.
Nina Bradlin verbindet immer noch viel mit ihrer Heimatstadt: «Wenn ich in Detroit bin, liebe ich es, zusammen mit meiner Mutter am Riverwalk am Detroit River zu flanieren oder am neu nach Aretha Franklin benannten Amphitheater beim Atwater Beach.» Auch an die Musikstadt Detroit hat sie ganz persönliche Erinnerungen: «Früher hatten wir ein Männermode-Geschäft, wo sich Motown-Grössen wie die Temptations eingekleidet haben.»
Die Stimme wird brüchig
Fast hätte Nina Bradlin Basel den Rücken gekehrt, nach 30 Jahren, und wäre zurückgekehrt ins geliebte Detroit. Ihre langjährige Ehe ist in die Brüche gegangen. Der Schmerz über die Trennung sitzt noch tief; die Stimme wird brüchig, wenn das Gespräch auf den Mann kommt, in den sie sich als junge Frau verliebt hatte, dessentwegen sie ihre Heimatstadt verlassen hatte, nach Basel gezogen war, zwei Töchter grossgezogen hat, Baseldeutsch gelernt hat – mithilfe von Schnitzelbänken.
Der Schmerz ist weniger geworden. Nina Bradlin hat ihn verarbeitet – mit Musik, mit Songs, mit dem neuen Album «Home Again». Home again – wieder zu Hause. Sie war nie wirklich weg, die Trennung aber hat sie kurzzeitig entfremdet von dieser Stadt; sie ist dann doch geblieben, ist die Detroiterin geblieben, die in Basel Wurzeln geschlagen hat.
Sie sang Englisch, Deutsch und Französisch, nur sparsam instrumentalisiert.
Vor fünf Jahren hat Nina Bradlin ihr letztes Album eingespielt, «Stardust», eine Verneigung vor dem Great American Songbook mit Songs von Cole Porter oder Irving Berlin; sie huldigte Hildegard Knef und Kurt Weill, sang Englisch, Deutsch und Französisch, nur sparsam instrumentalisiert, mal mit dem Piano, mal mit der Gitarre.
Der Dancefloor-Guru
«Home Again», ihr viertes Album, lebt von eigenen Songs; die Texte sind von ihr, die Melodien hat sie zusammen komponiert mit Michael Turtle und dem irischen Produzenten und Musiker Kieran Kennedy. «Uncle Harry» etwa ist in seiner Rohfassung zusammen mit Kennedy im irischen Dorf Schull entstanden. Vor allem mit dem Engländer Michael Turtle hat sie eng zusammengearbeitet, dem Absolventen der Londoner Royal Academy of Music, Komponisten, Produzenten, Schlagzeuger und Dancefloor-Guru, der seit Jahren ebenfalls in Basel lebt. Der Einfluss Turtles wird beim ersten Song hörbar: «Moon Shine Down» startet mit einem Dancefloor-Groove und geht nahtlos in eine Jazzballade mit leisen Celloklängen über. Kaum noch erkennbar, dass dem Song ein Stück der Rapper Tiz & Simsalabim zugrunde liegt: «Salz & Zucker».
Es folgen drei Songs, in denen sich Nina Bradlin ihrer Trennung stellt: «Broken Hearts», der Titel spricht für sich, eine Ballade, getragen von Gitarre und Cello. «A New Day», ein folkiger Popsong, in dem Nina Bradlin erzählt, wie es ihr von Tag zu Tag besser geht. «Ich habe den Song immer wieder alleine auf der Gitarre gespielt, als Selbsttherapie», erzählt sie. Auch wenn es auf zu neuen Ufern geht, die Angst bleibt, die Angst davor, sich wieder zu verlieben, die Angst vor neuem Schmerz: Davon singt sie in der Jazzballade «Fall In Love».
Verschiedene Musikstile
Wie schon «Stardust» lebt auch «Home Again» von den verschiedenen Musikstilen, innerhalb derer sich Nina Bradlin leicht und problemlos zu bewegen vermag: Jazz, Blues, Folk, Pop, aber auch groovy Funk wie beim Song «Parasite».
Das Album lebt von der klaren und hellen Stimme der Sängerin, von den minutiös erarbeiteten Arrangements und von den Musikern aus der Region, die immer wieder mit ihr zusammenarbeiten: der Schlagzeuger Michael Turtle, der Jazzbassist Dominik Schürmann, der Gitarrist Gilbert Trefzger (er beherrscht unter anderem auch die orientalische Oud), der Pianist Yuri Storione, 2015 Finalist an der Montreux Jazz Piano Competition, oder der Jazz-Trompeter Claudio Bergamin, Mitglied des Offbeat Jazz4tet.
Film und Theater
Nina Bradlin bleibt Basel dank überwundenem Herzschmerz erhalten, und so wird sie auch weiterhin durch das kulturelle Leben der Stadt vagabundieren, wird Theater spielen wie derzeit am Förnbacher-Theater mit dem Stück «8 Frauen», wird in Filmen zu sehen sein wie zuletzt in «20 Regeln für Sylvie», wo sie eine Domina mimte, wird in Musicals mitwirken, wie zuletzt in «Side by Side by Sondheim», der Hommage an den grossen amerikanischen Musical-Komponisten Stephen Sondheim, und bestimmt schwirren bereits erste Melodiefetzen und Textfragmente in ihrem Kopf herum für ein nächstes, ein fünftes Album.
Zuerst aber steht sie heute Abend auf der Bühne im Parterre One bei der Kaserne und stellt ihr Album vor, zusammen mit ihren Musikerinnen und Musikern und mit Mike Low und seiner Band als Support; Mike Low, auch ein Musiker aus der Region mit amerikanischen Wurzeln. Nach drei CDs hat sich Nina Bradlin dazu entschlossen, keine CD mehr zu produzieren. Wer die neuen Songs kennen lernen will, der kann ins Parterre One kommen oder sie über Streamingdienste anhören.
Album Release: Nina Bradlin, «Home Again». Do, 6.2., 19 Uhr, Parterre One, Klybeckstrasse 1b, Basel. Mit Mike Low & Band.ninabradlin.comstore.cdbaby.com/cd/ninabradlin3
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