Wenn der Stromzähler beim Energiesparen hilft Intelligente Stromnetze werden Verbrauch selbst beeinflussen Von Kurt Haupt, SDA/MID Hintergrund
Für Elektrizitätswerke und Umweltschützer ist der Begriff Smart Grid ein anderes Wort für Hoffnung.
Beide hoffen, dass dank moderner Technolgie in Zukunft die Stromnetze beim Energiesparen helfen und deshalb weniger neue Kraftwerke gebaut werden müssen. Alles wird klüger, oder trendiger ausgedrückt smarter. Auch das Stromnetz, das in der Fachsprache Grid heisst. Es soll inskünftig den Stromverbrauch selbst steuern, indem es Konsumenten jederzeit über Stromfresser informiert oder gar selber dafür sorgt, dass die Wäsche dann gewaschen wird, wenn Strom im Überfluss vorhanden ist. Denn wenn die Schweizer mehr Strom verbrauchen, freut das die Stromversorger, die die Energie verkaufen, nicht uneingeschränkt. Gesetze, das ökologische Gewissen und die ökonomische Vernunft verlangen vielmehr, dass der wachsende Energiehunger gebremst oder der Verbrauch gar reduziert wird. Ein steigender Verbrauch führt bei den Elektrizitätswerken nämlich einerseits zu Mehreinnahmen, anderseits aber oft auch zu Problemen und Investitionszwängen. So müssen beispielsweise Stromerzeugung und Verteilung auf die Spitzenlast ausgerichtet werden, die traditionsgemäss um die Mittagsstunden herum entsteht. Smart Grids, also clevere Stromnetze, sollen unter anderem diese Spitzen kappen. In der Vergangenheit erreichte man dies, indem beispielsweise Waschmaschinen in Mehrfamilienhäusern über die Mittagsstunden durch ferngesteuerte Schalter vom Stromnetz getrennt wurden. Waschmaschine wartet auf Signal vom Stromnetz Heute stehen die Maschinen aber nicht mehr in der Waschküche, sondern in jeder einzelnen Wohnungen. Das intelligente Stromnetz, das Smart Grid, soll verhindern, dass Waschmaschinen und unzählige andere Stromverbraucher während der Spitzenzeiten gleichzeitig aktiv werden. Die Waschmaschine der Zukunft wird sogar darauf warten, dass der Stromversorger ihr mitteilt, dass nun Elektrizität zu einem besonders günstigen Tarif verfügbar ist, und dann die Kleider in Randzeiten energie- und kostenoptimiert waschen. Das Stromsparen fällt heute den Konsumenten aber auch schwer, weil sie oft gar nicht wissen, wann welche Geräte wie viel Strom konsumieren. In einem ersten Ausbauschritt werden darum Smart Grids den Kunden detailliert und in Echtzeit über seinen Stromverbrauch informieren. Pilotprojekte in Ittigen und Zürich In einem Pilotprojekt bei 200 Strombezügern in Ittigen BE testen der Stromversorger BKW FMB Energie AG, die Swisscom, die Post, IBM und die Gemeindeverwaltung ein solches Smart Grid. In einem ersten Schritt überwachen moderne Stromzähler, so genannte Smart Meter, den Verbrauch permanent und übermitteln diesen mittels Handytechnik an eine zentrale Datenbank. Der Konsument kann dann über eine Internetseite nicht nur seinen Verbrauch im Tages- und Wochenvergleich kontrollieren, sondern auch live verfolgen, wie sich beispielsweise das Einschalten seines TV auf den Stromverbrauch auswirkt. «Nur wenn der Kunde über seinen Energieverbrauch detailliert informiert ist, kann er diesen gezielt beeinflussen», ist Projektleiter Daniel Berner überzeugt. Auch in der Stadt Zürich hat man bereits mit dem Test von klugen Stromzählern begonnen. Im Laufe des nächsten Jahres werden damit rund 5000 Strombezüger ihren Stromverbrauch einfach visualisieren können. Eine Studie in Zusammenarbeit mit der Uni Lausanne und dem Bundesamt für Energie wird klären, wie sich das Verhalten der Konsumenten ändert, wenn sie besser über ihren Verbrauch informiert sind. In Deutschland ist der Gesetzgeber bereits einen Schritt weiter gegangen. Dort wird ab 1. Januar bei Neubauten die Installation von smarten Stromzählern Pflicht. Im nördlichen Nachbarland ist aber auch bereits die Diskussion um den Datenschutz bei Smart Grids entbrannt. Datenschützer wollen verhindern, dass der Stromlieferant weiss, ob und wie oft jemand seine Wäsche wäscht. Elektroauto als Strompuffer In der Forschung hat man für Smart Metering und Smart Grid bereits viele weitere Ideen. So gibt es an der ETH Zürich ein Projekt, bei dem sich auf dem Handy permanent der Stromverbrauch jedes einzelnen Geräts im Haushalt auflisten lässt. Forschungsprojekte von IBM zeigen, dass im smarten Haus der Zukunft Stromverbraucher durch ihr kooperatives Verhalten selbst dafür sorgen, dass möglichst wenig Energie gebraucht wird, sich der Energieverbrauch optimal auf die Tageszeiten verteilt und Abwärme nicht verpufft. In der Interessengemeinschaft Vehicle to Grid schliesslich überlegt man sich, wie in Zukunft die Akkus von Elektroautos im cleveren Stromnetz mitwirken können. Die Stromspeicher in parkierten Autos könnten in Spitzenzeiten als Energielieferant dienen und so Verbrauchsspitzen im Netz abfedern. Akkulebensdauer, technische Umsetzung und Verrechnungsmodelle fordern hier aber noch viel Entwicklungsarbeit.
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