Wenn der Joint zum Wahlkampfthema wird
In den Niederlanden wird kommenden Mittwoch ein neues Parlament gewählt. Im Wahlkampf wurden auch die Coffee-Shops zum Thema, wo Liebhaber des Cannabis bisher ganz legal ihren Joint rauchen können.

Überall auf dem Globus sind die Niederlande und insbesondere Amsterdam bekannt für den legalen Konsum von Cannabis. Nirgendwo auf der Welt ist es wohl so einfach, an die Blüten der Pflanze zu gelangen und den Stoff zu konsumieren. Nach Meinung der konservativen Parteien soll sich das ab den nächsten Parlamentswahlen aber ändern.
Im Wahlkampf versuchen die Coffee-Shop-Besitzer deshalb, ihre Kunden zu mobilisieren. Mit Slogans wie «Lass deine Stimme nicht in Rauch aufgehen!» machen sie sich gegen den neu eingeführten Cannabis-Pass stark.
Stein des Anstosses ist eine neue Regelung, mit der die Regierung den Verkauf von Marihuana-Produkten an Ausländer verbieten will. Alle Coffee-Shops sollen in Cannabis-Clubs umgewandelt werden, denen nur Volljährige mit Wohnsitz in den Niederlanden beitreten können.
Die Website vote2smoke.nl bietet einen Überblick, welche politische Parteien den Anfang des Jahres eingeführten Cannabis-Pass wieder abschaffen wollen. Die neue Praxis gilt bereits im Süden der Niederlande und soll nach Regierungsplänen in den kommenden Jahren auf das ganze Land ausgeweitet werden.
Joep Oomen zählt zu den Aktivisten, die für die Legalisierung von Cannabis eintreten. Eine halbe Million der 16 Millionen Niederländer kauft in Coffee-Shops ein, schätzt Oomen und empfiehlt, für linke Parteien zu stimmen.
Angst vor Rückkehr der Dealer
Ein Vorkämpfer der Raucher-Lobby ist der Vorsitzende der Sozialistischen Partei, Emile Roemer. Der joviale 50-Jährige arbeitete früher als Lehrer. Seine Partei dürfte Umfragen zufolge deutlich an Stimmen zulegen.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung nannte Roemer den Cannabis-Pass zuletzt «unglaublich dämlich». Das Pass-System zwinge Dealer auf die Strassen, weg von den kontrollierbaren Coffee-Shops, kritisierte Roemer. Deshalb soll der «wietpas», wie er auf Niederländisch heisst, gestoppt werden.
Jerome Croonenberg geniesst einen Joint im Coffee-Shop «The Hut» in einer Seitenstrasse nahe des Parlamentsgebäudes. «Ich werde dafür stimmen, die Coffee-Shops geöffnet zu halten, damit ich weiter (Hasch) rauchen kann», sagt Croonenberg, der Roemer wählen will.
Rutte gegen Coffee-Shops
Hauptgegner der Coffee-Shops ist die konservative Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) von Ministerpräsidenten Mark Rutte. Die VDD könnte laut Umfragen wieder stärkste Partei zu werden. Sie steht weiter zu ihrer Politik – es war die von der VDD geführte Koalition, die den Cannabis-Pass eingeführt hat.
Coffee-Shops wurden in den Niederlanden lange toleriert, weil die Behörden annehmen, dass sie Haschisch-Raucher von Strassendealern fernhalten, die auch gefährlichere und verbotene Drogen wie Kokain und Heroin anbieten.
Coffee-Shops gehören in Amsterdam zu den Touristenmagneten, doch Ruttes Regierung geht rigoros gegen sie vor. Sie macht Coffee-Shops in Städten nahe den Grenzen zu Belgien und Deutschland für Kriminalität und Verkehrsprobleme verantwortlich, wo viele Ausländer anreisen, um Marihuana-Produkte einzukaufen.
Letzte Chance für Coffee-Shops
Marc Josemans betreibt einen Coffee-Shop in Maastricht und kämpft seit langem gegen den Cannabis-Pass. «Wir versuchen, Cannabis-Konsumenten in ganz Holland klarzumachen, (...) dass dieses Jahr ihre letzte Chance ist, ihre Cannabis-Politik und ihre Coffee-Shops zu bewahren», sagt Josemans.
«Und deshalb ist es an der Zeit, am 12. September nicht faul zu sein und für eine Cannabis-freundliche Partei zu stimmen.» Die Einführung des Pass-Systems im Mai habe den Drogenhandel auf die Strasse getrieben, sagt Josemans.
«Gras-Taxis» würden die Ware jetzt direkt an die Haustür liefern. Falls die Politik fortgeführt werde, «ist es sehr zweifelhaft, ob die Coffee-Shops überleben können», sagt Josemans.
Ein Grossteil des Ärgers der Raucher richtet sich dagegen, persönliche Angaben für den Cannabis-Pass machen zu müssen. «Ich möchte keinen Pass beantragen, weil dann jeder die persönlichen Informationen sehen kann», sagt Croonenberg. «Du brauchst das nicht in der Bar, um Alkohol zu kriegen, warum also in einem Coffee-Shop?»
SDA/ses
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