Rätselhafter Absturz bei MailandWas passierte nur, drei Minuten nach dem Start?
Zwei Kurven flog der Pilot – dann stürzte die Pilatus PC-12 ab. Nach dem Crash bei Mailand mit acht Todesopfern stellt sich Italien Fragen über den rumänischen Milliardär im Cockpit.

In Mailand rätselt man über den mysteriösen Unfall des Privatjets eines rumänischen Multimilliardärs. Die Pilatus PC-12 stürzte am Sonntag in einen Industriebau in San Donato Milanese, explodierte und riss einen Krater in das Haus – alle acht Insassen kamen ums Leben. Und die Ermittler fragen sich, was wohl zwischen Kurve zwei und drei im bedeckten Himmel über der Stadt geschehen sein könnte.
Die ersten zwei waren noch normal gewesen: Das Flugzeug hob kurz nach 13 Uhr vom Stadtflughafen Milano Linate ab, drehte dann planmässig zweimal nördlich ab. Danach sollte die Maschine Kurs nach Süden nehmen, Richtung Sardinien, Destination: Olbia. Doch sie drehte noch einmal nördlich ab. Der Kontrollturm erkundigte sich über den Grund, doch da war es schon zu spät.
«Ein kleiner Umweg», sagte der Pilot
Im Cockpit sass Immobilientycoon Dan Petrescu, 67 Jahre alt, ein reservierter Mann, geschätztes Vermögen: drei Milliarden Euro. Er war ein erfahrener Pilot. Die Maschine, Baujahr 2015, gehörte ihm, gemeldet war sie in Rumänien. Petrescu gab dem Tower kein Mayday vor dem Absturz.
Zunächst gab es die Vermutung, dass der Pilot sich vielleicht plötzlich unwohl gefühlt hat. Oder dass er die Orientierung verloren haben könnte im Unwetter. Die Mailänder Zeitung «Corriere della Sera» berichtet unter Berufung auf anonyme Quellen, die Flugkontrolleure hätten eine Anomalie auf dem Radar entdeckt und den Piloten gefragt, ob er gerade einer Turbulenz ausweiche. «Ein kleiner Umweg», soll Petrescu geantwortet haben, «ich möchte nach Linate zurückkehren.» Dann war Funkstille.
Augenzeugen berichteten, das Flugzeug habe schon gebrannt und in der Luft geschlingert, als es dann «vertikal in die Tiefe» gestürzt sei. Der Tank war voll, die Explosion nach dem Aufprall entsprechend dramatisch. Kleines Glück im grossen Unglück: Das Gebäude wird gerade umgebaut. Weil es Sonntag war, befanden sich keine Arbeiter auf der Baustelle. Auch die Strasse war leer, niemand wartete an der nahen Bushaltestelle. Der Name der Strasse fügt sich fast schicksalhaft symbolisch in diese Tragödie: Via 8 Ottobre 2001 ist benannt nach einem Flugzeugunfall vor genau zwanzig Jahren. Damals kollidierte in Linate eine MD-87 der skandinavischen Fluggesellschaft SAS mit einem Privatjet, 118 Menschen starben, nur ein Passagier überlebte.
An Bord der Pilatus PC-12, die seit Ende September in Linate im Hangar gestanden hatte, bereit für den Ausflug nach Sardinien, waren Mitglieder von zwei befreundeten Familien. Sie hatten sich wahrscheinlich für eine Tauffeier zusammengefunden. Neben Petrescu, dessen Frau und Sohn und einem kanadischen Freund kamen auch ein norditalienischer Manager, dessen rumänische Frau, ihr 20-monatiges Kind und dessen Grossmutter ums Leben. Petrescu war einst während des Regimes der Ceausescus aus Rumänien nach Deutschland geflohen und hatte nach seiner Rückkehr in die Heimat 1989 ein Imperium aufgebaut: mit Luxusimmobilien, Supermärkten, Einkaufsgalerien.
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