Was die Debatte um Managerlöhne gebracht hat
Schweizer Firmen regulieren die Löhne ihrer Manager noch immer zu wenig stark, findet Ethos-Direktor Dominique Biedermann. Er nennt die häufigsten Ausreden von Unternehmen mit überbordenden Salären.

Die Debatte um Saläre in den obersten Teppichetagen hat bei Managern zwar etwas bewirkt, aber zu wenig. Für Dominique Biedermann, Direktor der Stiftung Ethos, ist die Selbstregulierung zu langsam fortgeschritten. Und Soziologe Ueli Mäder sieht viele Reiche «weiterhin in einem Ghetto».
«Seit ein paar Jahren merkt man, dass es Managern bewusst wird, dass sie beim Thema Vergütungen aufpassen müssen», sagt Biedermann zur Nachrichtenagentur SDA. Doch ihm geht es zu langsam: Erst 50 der grössten Unternehmen im Land hätten freiwillige konsultative Abstimmungen durchgeführt.
Widersprüchliche Argumente
Unternehmen, die nicht handeln wollen, haben laut Biedermann zwei Ausreden: Die einen halten konsultative Abstimmungen nicht für nötig, weil sie nach eigener Aussage keine Abzockerlöhne bezahlen. Und die anderen meinen, es sei überflüssig, provisorisch Neues einzuführen, wenn neue gesetzliche Vorschriften bereits absehbar sind.
«Viele Manager sind für weniger Gesetze», sagt Biedermann. «Da ist es doch widersprüchlich, wenn sie auf freiwillige Selbstregulierung verzichten wollen.» Der Ethos-Direktor ist überzeugt, dass Selbstregulierung möglich wäre. Und die Manager hätten auch verstanden, dass die Strukturen der Vergütungssysteme verbessert werden müssten. «Zum Beispiel bei der UBS und der CS gibt es jedes Jahr Fortschritte. Doch es genügt nicht», sagt er mit Verweis auf das Ethos-Nein zum Vergütungsbericht der UBS im Jahr 2012.
Biedermann stellt fest, dass die Aktionäre auf die Entwicklungen reagieren: «Institutionelle Anleger wie Pensionskassen und Versicherungen sind sich immer mehr bewusst, dass sie gegenüber ihren Begünstigten Verantwortung tragen und sie ihre Aktionärsrechte wahrnehmen müssen.» Eine Konsequenz daraus seien die Richtlinien für institutionelle Anleger, die Ethos heute Montag mit anderen Verbänden in Zürich vorgestellt hat.
Wettbewerb zwingt zu hohen Salären
Die auf Wirtschaft und Politik spezialisierte Zürcher Soziologin Katja Rost sieht lediglich geringfügige Veränderungen im Verhalten von Managern und Aktionären: «Eine extensive öffentliche Diskussion um zu hohe Gehälter führte vereinzelt zu Reduktionen», sagt sie. Doch das seien Einzelfälle, und die Anpassungen seien oft nicht langfristiger Natur. Für Aktionäre sei der Aktionsradius begrenzt. Solange die Mehrheit der Firmen mit ihrer Lohnpolitik Talente abwerbe, seien Anpassungen nicht im Sinn der Aktionäre.
Viele Unternehmen fühlen sich laut Rost im internationalen Wettbewerb zu hohen Salären gezwungen: «Es fehlen globale Instanzen, die für alle eine optimale Situation koordinieren können.»
«Viele Mächtige weiterhin im Ghetto»
Der Basler Soziologe Ueli Mäder befasst sich mit sozialen Ungleichheiten. Er stellt fest, dass «einzelne Manager sich durchaus berührt zeigen von der Diskussion um die Saläre – auch weil sie fürchten, dass der Arbeitsfriede aufbrechen könnte». Andere zeigten sich zumindest vordergründig etwas zurückhaltender.
Mäder sieht zwar Fälle, in denen sich etwas bewegt: «So betonen zum Beispiel Chefs grosser Energiekonzerne neu den öffentlich-rechtlichen Charakter ihrer Unternehmen. Vorher zielten sie vor allem darauf ab, diese zu privatisieren.» Weitere Manager wollten Kapital und Arbeit wieder gleichwertig behandeln.
Doch: «Viele Mächtige bewegen sich weiterhin im Ghetto», sagt Mäder. «Sie sehen zwar, dass sich die soziale Brisanz verschärft. Für sie ist das aber nicht ein Problem, sondern sie sehen das als Dynamisierung des sozialen Wandels.» Diese Sichtweise stellt der Soziologe aufgrund von Interviews fest, die er für seine Studien durchgeführt hat.
Keine spürbaren Folgen der Occupy-Bewegung
Die Occupy-Bewegung hatte in den Augen von Katja Rost keine spürbaren Folgen für das Thema Managerlöhne: «Doch anhand der sozialen Bewegungen zeigt sich, wie stark die Verärgerung innerhalb der Öffentlichkeit ist.» Unternehmen müssten solche weichen Signale zur Kenntnis nehmen – wegen der langfristigen Konsequenzen für sie.
Als insgesamt «eher marginalisiert, aber nicht wirkungslos» sieht Ueli Mäder die Occupy-Bewegungen. Es fänden durchaus vertiefte Debatten mit interessanten Differenzierungen statt.
SDA/fko
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch