Geldblog: Tipps zu BarriereproduktenWas Anleger für den hohen Zins riskieren
Bei Barrier Reverse Convertibles sollte man nicht nur auf die attraktiven Couponzinsen achten, sondern das Anlagerisiko realistisch miteinkalkulieren.

Man sieht immer wieder Prospekte für Barriereprodukte aller Art. Ich hätte dazu eine Frage: Wie können die im heutigen Zinsumfeld Zinsen von bis zu 11 Prozent anbieten? Spekulieren die einfach auf Kursgewinne der unterlegten Titel, weil sie ja den Einsatz nur zu 100 Prozent zurückzahlen müssen, wenn keine Barriere nach unten durchbrochen wurde? Ich kann mir die Sache nicht erklären. Leserfrage von K.H.
Die von Ihnen angesprochenen Barrier Reverse Convertibles sind strukturierte Produkte mit einem festen Coupon. In Zeiten mit rekordtiefen Zinsen, in denen man auf weniger schwankungsanfälligen Franken-Obligationen keinen oder nur noch einen mickrigen Zins bekommt, sind diese Art der strukturierten Produkte bei vielen Privatinvestoren besonders beliebt. Denn sie locken mit hohen Zinsen und scheinbar wenig Risiken.
Der grosse Pluspunkt dieser Instrumente besteht in der Tat darin, dass sie einen festen Coupon aufweisen – eben die Zinsversprechen, die oft 5 bis 8 Prozent ausmachen oder teilweise sogar noch höher sind. Verlockend sind diese Instrumente erst recht, weil der Zins tatsächlich bezahlt wird. Doch leider hat die Sache dann doch noch einen Haken.
Ohne eine Gegenleistung würde niemand einen attraktiven Zins bezahlen. Der Preis für den hohen Zins liegt in dem Risiko, das man mit diesen strukturierten Produkten trägt und die man gerade auch als Privatanleger nie unterschätzen sollte. Während der Zinscoupon fix ist, da er nicht direkt mit der Entwicklung des Basiswertes verbunden ist, sollte man den Blick auf den zweiten Teil des Produktes richten – nämlich auf den mit dem Instrument verbundenen Basiswert und dessen Entwicklung. Hier machen viele einen Fehler: Sie schauen nur allein auf den hohen Zins und blenden den zweiten Produktteil aus. Man bekommt zwar den Zins ausbezahlt, unsicher ist aber, in welcher Form man seinen investierten Betrag wieder zurückerhält.
Hier liegt der Haken: Am Ende der Laufzeit wird entschieden, ob man als Investor den investierten Nennwert zu 100 Prozent zurückbekommt oder stattdessen die in den Konditionen definierte Zahl des Basiswertes. Je nach Produktart gibt es einen einzelnen Basiswert – zum Beispiel einen Index oder eine einzelne Aktie. Weit verbreitet sind aber Multi Barrier Reverse Convertibles, bei denen es mehrere Basiswerte gibt.
Damit man den investierten Nennwert tatsächlich vollständig zurückbezahlt bekommt, darf keiner der Basiswerte des Instrumentes während der definierten Laufzeit die in den Konditionen festgelegte Barriere unterschreiten. Falls aber einer der Basiswerte die Barriere berührt oder unterschreitet wird dem Investor anstelle des investierten Geldes eine definierte Zahl von Papieren des Basiswertes aufgeliefert. In dieser Situation besonders lästig ist zudem der Umstand, dass man dann den Basiswert mit der schlechtesten Kursentwicklung ausgeliefert erhält. Man sitzt dann allenfalls plötzlich auf Aktien, die man vielleicht gar nicht gewollt hat und die eine negative Entwicklung aufweisen. Vor diesem Hintergrund bin ich der Auffassung, dass man in solche strukturierten Produkte nur dann investieren sollte, wenn man auch bereit und in der Lage ist, später allenfalls auf Wertschriften zu sitzen, die man unter Umständen sehr lange halten muss, bis sie sich vielleicht wieder erholen.
«Tatsächlich tragen sie ein Aktienrisiko, welches zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen kann.»
Bei den einzelnen Produkten gibt es wichtige Unterschiede, weshalb man die jeweiligen Konditionen genau lesen sollte. Der Schweizerische Bankenombudsmann ist in einem von ihm beurteilten Fall, bei dem es um solche Produkte ging, zum Schluss gekommen, dass sich Anleger oft durch die hohen Coupons zu Investitionen in Barrier Reverse Convertibles verleiten lassen: «Tatsächlich tragen sie ein Aktienrisiko, welches zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals führen kann, wenn eine der Aktien, auf welche das strukturierte Produkt ausgestellt wurde, wertlos wird.» Sein Fazit: «Die Anleger werden für dieses Risiko mit dem Coupon entschädigt, welcher eher eine Risikoprämie als eine Zinszahlung darstellt.» Nun ist in der Praxis das Risiko, dass eine Aktie gleich wertlos wird, wie in dem vom Bankenombudsmann beurteilten Extremfall von Wirecard, relativ klein, aber man trägt eindeutig ein beträchtliches Risiko, für das man mit dem attraktiven Coupon entschädigt wird.
Faktisch geben Sie dem Emittenten des Instrumentes mit Ihrem Investment einen Kredit, den er nutzt. Darum werden solche Instrumente oft auch als Aktienanleihe bezeichnet, die ein Derivat enthalten, welches dem Herausgeber das Recht gibt, am Ende der Laufzeit entweder den Nominalbetrag vollständig zurückzuzahlen oder eine festgelegte Zahl an Basiswerten – eben zum Beispiel Aktien – an den Anleger auszuliefern.
Wichtig zu wissen ist, dass solche Barrier Reverse Convertibles keinen garantierten Kapitalschutz bieten, die maximale Rendite der Coupon ist und man zusätzlich ein Emittentenrisiko trägt. Wenn der Herausgeber Konkurs geht, riskiert man, sein Geld zu verlieren. Das eigentliche Risiko ist aber das Anlagerisiko, das mit den Basiswerten verbunden ist. Darum sollte man Produkte mit tiefer Barriere bevorzugen. Vorsichtig sein sollte man zudem bei Instrumenten mit besonders hohem Coupon. Denn diesen gibt es nicht umsonst. Ein besonders hoher Coupon weist darauf hin, dass man erhöhte Risiken eingeht.
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