Warum wollen Menschen nicht nach sich selbst riechen?
Warum wollen Menschen eigentlich nach pflanzlichen Duftstoffen oder tierischen Sekreten riechen, nicht aber nach sich selbst? A. H.
In einem Satz? Ganz einfach eben drum, weil die Menschen keine Pflanzen und keine Tiere sind. Oder, weil es eben doch nicht so einfach ist, das Ganze noch einmal in ein paar Sätzen.
Fragen wie Ihre pflegt man heutzutage gern in evolutionsbiologischer Manier zu beantworten: Letztlich sei es ein Fortpflanzungsvorteil, den die Menschen durch den Gebrauch eines Parfüms zu erreichen versuchten. (Darwin nennt es die sexuelle Zuchtwahl, und bei ihm sind es der männliche Pfau und dessen lediglich zur Angeberei nützliche Feder, die dafür als Paradebeispiel dienen.) Und mit Sicherheit gibt es Studien, die beweisen, dass eine signifikante Mehrzahl von 150 untersuchten College-
Studentinnen an ihren fruchtbaren Tagen vermehrt zu Rosendüften greift, um sich besonders männliche Männer zu angeln, die sie vorzugsweise nach der Stärke des Moschusdufts in deren Rasierwasser selektieren. Spitzfindigkeiten, warum die Damen dann nicht gleichzeitig auch noch aufhören, die Antibabypille zu schlucken, wollen wir hier einmal aussen vor lassen. Aber es wird sicherlich ebenfalls irgendetwas mit irgendeinem Fortpflanzungsvorteil zu tun haben.
Das alles erklärt allerdings auch nicht, warum Frauen wie Männer sich nicht einfach darauf beschränken, unverhohlen nach läufigem Weibchen und brünstigem Männchen zu riechen. Also muss doch wieder die gute alte anthropologische Erklärung herhalten (die eigentlich nur eine definitorische Tautologie ist), dass der Mensch sich gerade durch den Bruch mit der natürlichen Unmittelbarkeit auszeichnet: Eine Pflanze parfümiert sich nicht mit Bullenhodenextrakt, um Bienen anzulocken, und eine Kuh badet nicht in Lavendel, um sich den Stier gefügig zu machen. Allerdings gibt es Pflanzen, die nach Aas stinken und dadurch den umworbenen Schmeissfliegen besser gefallen als die Konkurrenz.
Man sieht, auch in der Natur sind Uneigentlichkeit und Täuschung beim Sex etwas gaaaanz Natürliches, wobei – im Gegensatz zu einer Fliege – kein noch so brunftiger, moschusrasiergewässerter Jüngling annehmen dürfte, bei dem von ihm angebaggerten College-Girl handle es sich um eine Blume, selbst wenn sie noch so sehr nach Rose duftet und möglicherweise sogar so heisst.
Ein weiteres grosses Rätsel der Natur und Verhaltensbiologie birgt übrigens die sexuelle Anziehungskraft, welche Zitrusdüfte bei Männern auf Frauen ausüben. Möglicherweise wird von diesem Geruch das Belohnungszentrum im Gehirn auf ähnliche Weise stimuliert wie beim Verzehr von Schokolade. Genauere Versuche stehen aber noch aus.
Senden Sie Ihre Fragen an gesellschaft@tagesanzeiger.ch
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch