
Populismus ist nichts Neues in den USA. Da war Präsident Andrew Jackson, der das amerikanische Wahlrecht in den 1830er-Jahren entscheidend erweiterte und US-Amerikas kleine Leute ansprach. Es gab die starke populistische Bewegung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, die übermächtigen Konzernen den Kampf ansagte und sich für Farmer, Rancher und Arbeiter einsetzte.
In den 1930ern begeisterte Louisianas korrupter Gouverneur Huey Long die Wähler mit seinen Attacken auf soziale Ungerechtigkeit. Drei Jahrzehnte später geriet Alabamas rassistischer Gouverneur George Wallace mit seinem Widerstand gegen die Rassenintegration zum Helden weisser Unter- und Mittelschichten und zum populistischen Symbol dieses Widerstands. Gemeinsam war allen Populisten eine Kampfansage an die Eliten – und ein mehr oder minder subtiler Appell an Rassenressentiments.
Er streicht, wo er kann
Jetzt schmückt sich Donald Trump mit einem populistischen Etikett. «Meine Leute» nennt er seine Wähler, er liebe die «dürftig Gebildeten», sagte der Kandidat im Wahlkampf 2016. Im Gegensatz zu seinen populistischen Vorgängern aber setzt sich Trump nicht im Mindesten für sozial Schwache ein. Er ist ein Pseudo-Populist, dessen Aktionen und Prioritäten ihn als Präsidenten der Unternehmen und der Reichen ausweisen.
Was Trump mit früheren US-Populisten eint, sind Ressentiments gegen Einwanderer und Minderheiten sowie Tiraden gegen Eliten, soweit diese nicht auf den obersten Etagen von Finanz und Wirtschaft tätig sind. Der Präsident hetzt gegen liberale Medien und verhöhnt Intellektuelle und Universitäten. Lebensgefühl und liberale Überzeugungen der Bewohner amerikanischer Metropolen sind ihm verdächtig.
Damit aber erschöpft sich der Populismus des Präsidenten. Statt seiner Klientel von Weissen aus den Unter- und Mittelschichten, Evangelikalen und älteren Wählern auf dem platten Land und in kleineren Städten konkrete Hilfen und Erleichterungen bei der Bewältigung ihrer oft schwierigen Existenz anzubieten, versucht Trumps Regierung Sozialleistungen zu streichen, wo sie nur kann.
Ein Publizist beschreibt die Wahl 2020 als Kampf zwischen einer demokratischen «Koalition der Transformation», die nach vorne gerichtet ist, und einer rückwärtsgewandten republikanischen «Koalition der Restauration».
Ob die staatliche medizinische Versorgung von Alten und Bedürftigen, ob Lebensmittelmarken oder Beihilfen für Behinderte: von Populismus keine Spur. Trumps kürzlich vorgelegter Haushalt ist Beleg einer Regierung ohne Empathie, die sogar die Zuschüsse für die Paralympischen Spiele streichen wollte. Als sich daraufhin ein Sturm der Entrüstung erhob, lenkte der Präsident vergangene Woche ein. Verlierer der Trump-Präsidentschaft sind bislang seine Wähler, Gewinner auch dank der ungerechten Steuerreform von 2017 Reiche und Unternehmen.
Dennoch kann sich der Präsident Chancen auf eine Wiederwahl 2020 ausrechnen. Denn neben einer guten Konjunktur sind es Trumps Schüren von Ressentiments sowie eben jene Tiraden gegen Eliten, die seine Wählerschaft an ihn binden. Sämtliche Studien von Politologen, Soziologen und Demoskopen nach der Präsidentschaftswahl 2016 haben ergeben, dass Kandidat Trump vor allem von diesen Ressentiments profitierte und weniger von der Angst vor sozialem Abstieg.
Der liberale Publizist Ronald Brownstein beschreibt die heraufziehende Wahl 2020 als epochalen Kampf zwischen einer demokratischen «Koalition der Transformation», die nach vorne gerichtet ist, sowie einer rückwärtsgewandten republikanischen «Koalition der Restauration». Letztere hat sich bisher nicht daran gestört, dass Trumps Populismus lediglich aufgesetzt ist. Seine Attacken auf liberale Eliten mitsamt seiner Beschwörung eines traditionellen US-Amerikas zieht sie unverändert an.
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Warum Trumps Wahlchancen gut stehen
Er setzt sich kaum für seine Wählerschaft ein, ist ein Pseudo-Populist und ein Präsident der Reichen. Doch das schadet ihm für 2020 nicht.