Warum sollen Fussballer auch denken können?
Bei guten Sportlern, die jeden Tag hart trainieren, heisst es oft: Er bringt zwar seine Leistung auf dem Fussballplatz, hat jedoch nichts im Kopf. Bei Missen, die sich jeden Morgen mit viel Aufwand darum bemühen, wunderschön auszusehen, sagt manch einer: Hübsche Frau, aber strohblöd. Woher kommt diese Abwertung des Körperlichen? Ich habe noch nie davon gehört, dass einem renommierten Professor mangelndes Ballgefühl vorgeworfen wird. R. T.
Lieber Herr T., von einem körperfeindlichen Intellektuellen-Kult scheinen wir m. E. doch ziemlich weit entfernt. Wenn einem «renommierten Professor» selten sein «mangelndes Ballgefühl» vorgeworfen wurde, so doch wohl in erster Linie deshalb, weil er bis jetzt auch noch nicht den Drang verspürt hat, sich in der Medien-Öffentlichkeit auf dem Fussballplatz zu profilieren. Umgekehrt würde sich kaum jemand über die beschränkten geistigen Fähigkeiten eines begabten Fussballers, einer attraktiven Miss oder eines schönen Misters mokieren, solange sich diese aufs Tschuten und aufs Schönsein beschränkten. Sobald sie jedoch den Mund aufmachen und der «Schweizer Illustrierten», «Glanz und Gloria» oder im «Talk-Täglich» ganz privat darlegen, wie sie die Welt im Allgemeinen und Besonderen sehen, dann müssen auch sie sich an den intellektuellen Massstäben messen lassen, welche man an dergleichen Äusserungen nun einmal anlegt.
Dabei erweisen sich manche Fussballer und manche Schönheiten durchaus als intelligent, andere wiederum als himmelschreiend doof. Wobei dieser Vorwurf auf die interviewenden Medien zurückfällt. Medien, die über jeden Kindergeburtstag halbwüchsiger B-Prominenter berichten, als handle es sich um ein staatspolitisch bedeutsames Ereignis, sollten sich besser nicht darüber mokieren, dass André Reithebuch den Mutterkuchen für eine Backware hält, die man der Mama zum Mutterkuchentag beschert. Und nicht einmal darüber, dass der junge Mann (23) den Zweiten Weltkrieg irgendwann um 1900 ansiedelt. Wenn der «Blick» nämlich, nachdem er gebührend Häme über den historisch ahnungslosen prominentesten Illetristen der Schweiz ausgegossen hat, die Bemerkung anfügt «Korrekt wäre 1939 bis 1945 gewesen», dann veranschaulicht diese aufklärende Bemerkung nicht nur, wie arg der Reithebuch danebenlag. Sie drückt auch die Befürchtung aus, die Leserschaft könnte mangels eigener historischer Kenntnisse womöglich die Pointe verpassen. Für Nichthistoriker möchte ich noch anfügen: 1939 bis 1945 waren auch die Jahre, als es noch keine Kuscheljustiz, keine Kuschelpädagogik und darum keine Jugendgewalt gab.
Fragen an: gesellschaft@tagesanzeiger.ch
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch