Warum das analoge Fernsehen nicht verschwindet
Über 80 Prozent der Schweizer Haushalte sehen mittlerweile digital fern. Dennoch halten die Kabelnetzbetreiber an analogen Programmen fest – sie fürchten negative Reaktionen der Kunden.

Obwohl UPC Cablecom das digitale Fernsehen für alle freigeschaltet hat, ist das Aus für das analoge TV noch nicht in Sicht. Die Kabelnetzbetreiber bieten weiterhin auch die veraltete Übertragungsform an, unter anderem um einen Proteststurm der Kunden zu verhindern.
«Wir haben keine Eile mit der Abschaltung», sagt UPC-Cablecom-Chef Eric Tveter im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Die grösste Kabelnetzbetreiberin der Schweiz hatte vor einem Monat die Verschlüsselung des digitalen TV-Grundangebots aufgehoben. Damit können nun alle über 800'000 Kunden von Cablecom 55 Sender kostenlos digital empfangen.
Mit dem Wegfall der Verschlüsselung braucht es für das Basisangebot keine extra Empfangsbox beziehungsweise Digicard mehr. Nötig für den Empfang ist allerdings ein Fernseher mit integriertem Kabelnetzempfänger (DVB-C). Diesen haben mittlerweile die meisten modernen TV-Geräte eingebaut.
Gratis Umwandler
Auch jene, die noch einen alten Röhrenfernseher haben, schauen nicht in die Röhre. Diese können ab Januar bei Cablecom gratis einen Umwandler beziehen.
Damit stünde einer Abschaltung des analogen Fernsehens eigentlich nichts entgegen. Weder Gesetz noch Verordnung würden eine Anbieter zwingen, seine Abonnenten gleichzeitig in analoger und digitaler Technik zu bedienen, hält das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) fest.
Um die Digitalisierung zu fördern, wird auch den Kabelnetzunternehmen schon heute erlaubt, ihr Angebot vollständig zu digitalisieren – es muss einfach ein digitales Basispaket angeboten werden, das mit dem bisherigen analogen Angebot vergleichbar ist und den Kunden keine Zusatzkosten verursacht, wie das Bakom schreibt.
Einigung mit Preisüberwacher
In einer kürzlich erzielten Einigung mit dem Preisüberwacher über die Kabelanschlussgebühren verpflichtet sich UPC Cablecom allerdings, bis auf weiteres ein analoges Grundangebot beizubehalten. Es brauche eine Brücke für den Übergang von der analogen zur digitalen TV-Welt, hält Preisüberwacher Stefan Meierhans fest.
Mit dem Abschalten von analogen TV-Programmen hat sich UPC Cablecom in der Vergangenheit ohnehin bereits gehörig die Finger verbrannt. Vor fünf Jahren löste sie einen Entrüstungssturm aus, als sie mehrere Sender nur noch digital ausstrahlte, um Kapazitäten im Kabelnetz freizumachen. Ein analoger TV-Sender benötigt so viel Platz im Netz wie acht digitale Sender in Standardqualität oder drei HD-Sender.
Inzwischen sind Hunderttausende Leute vom analogen auf das grössere digitale Programmangebot umgestiegen. Die Cablecom-Konkurrenten Swisscom und Sunrise verbreiten ihre Sender nur digital.
In den letzten drei Jahren dürften in der Schweiz zudem 2,5 Millionen neue Flachbild-TVs gekauft worden sein, die einen Digitaltuner haben, schätzt Bakom-Experte René Wehrlin. Mittlerweile dürften damit über 80 Prozent aller Haushalte digital fernsehen.
Kein Entrüstungssturm mehr
Deshalb hat die Bedeutung des analogen Fernsehens massiv abgenommen. Als die Cablecom den Bayerischen Rundfunk BR im analogen Angebot durch den Jugendsender Joiz ersetzt habe, habe es kaum Reaktionen gegeben, erzählt ein Cablecom-Sprecher.
Derzeit bemühen sich die Kabelnetzbetreiber, beim Bakom eine Reduktion der Zahl der vorgeschriebenen analogen Sender zu erreichen. Jeder Kabelnetzbetreiber werde die Zahl der analogen Programme aber mit Vorsicht reduzieren, wenn er sie überhaupt reduziere, sagt Matthias Lüscher vom Branchenverband Swisscable.
Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PWC sagt in einer Studie die Abschaltung des analogen Fernsehen in der Schweiz spätestens für 1. Januar 2017 voraus. Das digitale Angebot wird mit Zusatzfunktionen wie etwa dem zeitversetzten Fernsehen immer attraktiver, während gleichzeitig die Ansprüche der Zuschauer steigen. Zudem werden moderne TV-Geräte immer billiger, nachdem sie lange Zeit Grossinvestitionen für einen Haushalt waren.
SDA/rbi
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch