Wochenduell: Messi, Ronaldo, GrealishWar das der verrückteste Transfersommer in der Geschichte?
Manchester United angelt sich Ronaldo, Messi findet in Paris ein neues Zuhause und Mbappé bleibt am Schluss doch. In Fussball-Europa ging es in den letzten Wochen drunter und drüber.

Ja: So viele Weltklassespieler und Spitzentrainer haben schon lange nicht mehr den Club gewechselt. Und dies trotz den Einbussen wegen Corona.
Zugegeben, es gab schon andere Transferfenster mit spektakulären Ereignissen. Zum Beispiel im Sommer 2019, als Antoine Griezmann zu Barcelona, Eden Hazard zu Real Madrid und Philippe Coutinho zu Bayern München wechselte. Oder ein Jahr zuvor, als die Transfers von Cristiano Ronaldo zu Juventus, Kylian Mbappé zu PSG und Jorginho zu Chelsea für Aufsehen sorgten. Aber dieses Sommertransferfenster stellt alles bisher Gesehene in den Schatten.
Reihenweise wechselten die Stars ihren Arbeitgeber. Eine solche Fülle an Top-Transfers gab es noch nie. Ronaldo spielt neu wieder bei Manchester United, Lionel Messi verlässt seinen FC Barcelona, und Jack Grealish ist nach dem Wechsel zu Manchester City plötzlich einer der teuersten Neuzugänge der Historie. Und das ist nur eine kleine Auswahl der Geschichten dieser Transferperiode.
Auch aus regionaler Sicht war dieser Sommer ein besonderer. Mit 11 verpflichteten Spielern und 14 Abgängen erlebt der FCB eines der ereignisreichsten Transferfenster der jüngeren Clubgeschichte.
Aber nicht nur bei den Spielern, sondern auch auf dem Trainermarkt war viel los. Nicht nur die Schweizer Nationalmannschaft verlor Vladimir Petkovic an Girondins Bordeaux, auch in der Bundesliga drehte sich das Trainerkarussell. Von den besten acht Teams der vergangenen Spielzeit haben gleich sieben einen neuen Übungsleiter verpflichtet. Weil unter den neuen Gesichtern an der Seitenlinie Gerardo Seoane ist, der bei Bayer Leverkusen unter Vertrag steht, musste sich auch YB einen neuen Trainer suchen. Die Berner besetzten den freien Posten mit David Wagner.
Dieser ganze Rummel ist deswegen einzigartig, weil die meisten Clubs wegen Corona noch immer auf ihre Finanzen achten müssen. Die Zuschauereinbussen lasten bei vielen Vereinen noch schwer auf dem Budget. Dass es unter diesen Vorzeichen dennoch derart viel Bewegung auf dem Transfermarkt gab, macht dieses Transferfenster zum spektakulärsten der Geschichte. Luc Durisch
Nein: Das Prädikat «spektakulär» muss sich dieses Transferfenster erst noch verdienen.
Mit Lionel Messi und Cristiano Ronaldo haben die beiden zweifellos besten Fussballer der letzten 15 Jahre im Sommer den Verein gewechselt. Das allein reicht jedoch nicht, um das vergangene Sommertransferfenster als das spektakulärste aller Zeiten zu bezeichnen. Messi und Ronaldo mögen die grössten Fussballer ihrer Generation sein. So ist es nachvollziehbar, dass ein medialer Hype entsteht, wenn gleich beide ihren Arbeitgeber wechseln. Doch man darf nicht vergessen: Messi (34) und Ronaldo (36) haben den Höhepunkt ihrer Karriere bereits hinter sich. Wenngleich beide sich für ihr Alter noch immer auf aussergewöhnlichem Niveau bewegen, ist anzunehmen, dass dies nicht mehr allzu lange der Fall sein wird. Die Zukunft gehört anderen – etwa einem Erling Haaland oder einem Kylian Mbappé, die in diesem Sommer noch nicht wechselten. Zudem überwiesen die Red Devils für Ronaldo lediglich 15 Millionen Euro netto an Juventus, Messi wechselte gar ablösefrei zu PSG.
Mehr Geld kosteten diesen Sommer andere – wenngleich Manchester City für Jack Grealish und Arsenal für Ben White beinahe das Doppelte des jeweiligen Spielermarktwerts bezahlten. Doch nur weil mehr Geld für einen Fussballer ausgegeben wird, macht ihn dies nicht automatisch besser und einen Deal potenziell mehr lächerlich denn spektakulär. Wie aussergewöhnlich eine Transferperiode wirklich ist, zeigt sich erst nach einiger Zeit anhand des Einflusses, den transferierte Spieler in ihren neuen Verein erbringen können. Das Prädikat «spektakulär» muss sich dieses Fenster erst noch verdienen.
Auf der Suche nach der spektakulärsten Wechselperiode aller Zeiten hält man also Ausschau nach einer Mischung aus Transfers, die Aufsehen erregten und gleichzeitig die Entwicklung eines Vereins nachhaltig beeinflussten. So etwa wie im Sommer 2009, als mit Kaká und Cristiano Ronaldo die Weltfussballer von 2007 und 2008 zu Real Madrid wechselten. Auch Karim Benzema und Xabi Alonso stiessen damals zu den Königlichen und prägten eine Ära mit. In der Konsequenz des Umbruchs trat Real Arjen Robben an den FC Bayern und Wesley Sneijder an Inter Mailand ab. Kaum ein Jahr später standen sich die beiden im Champions-League-Final gegenüber. Ebenfalls auf dem Platz stand Samuel Eto’o, der im Sommer zuvor im Tausch mit keinem Geringeren als Zlatan Ibrahimović von Barcelona nach Mailand gewechselt war. Die spektakulärste Transferperiode der Geschichte kann wohl unmöglich eindeutig identifiziert werden, doch diejenige vor zwölf Jahren ist wohl schwer zu toppen. Benjamin Schmidt
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, die die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen: Xhaka und Arsenal – wird diese Ehe doch noch glücklich?Hat PSG mit Messi die stärkste Mannschaft in der Geschichte des Fussballs?Zeigt das Schweizer Fernsehen zu viel Olympia?Braucht es die Conference League wirklich?Gehören Zuschauer ins Stadion?
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