«Wall-E»-Regisseur: «Wir sind nicht Teil des Hollywood-Systems»
Am Donnerstag kommt der grosse Pixar-Animationsfilm «Wall-E» ins Kino. Regisseur Andrew Stanton spricht von seinem Vertrauen in «Wall-E». Und von seinen Zweifeln.
Wann hatten Sie die Idee zu «Wall-E»? Vor 14 Jahren. Während der Arbeit an «Toy Story» sagte jemand: «Was, wenn die Menschheit die Erde verlassen würde und jemand vergässe, den letzten Roboter abzustellen.» Dieser Satz fiel mir wieder ein, als ich «Finding Nemo» drehte. Und plötzlich wusste ich, wie ich Science-fiction mit einer Lovestory verbinden konnte.
War es schwierig, ein Drehbuch fast ohne Dialoge filmisch umzusetzen? Moment, «Wall-E» ist voller Dialoge. Nur reden die Figuren in einer anderen Sprache. Diese musste ich zuerst verstehen. Und ich musste Ben Burtt finden, der für mich alles in Soundeffekte übersetzen konnte.
In der ersten halben Stunde des Films sieht man Wall-E bloss beim Aufräumen. Verspürten Sie nie einen Druck, die Dinge zu beschleunigen? Nein. Das Tolle bei Pixar ist: Wir sind nicht Teil des Hollywood-Systems und haben keinen Druck von Marketing-Abteilungen. Wir sind bloss eine Handvoll Musiker in der Garage, machen unsere Musik und veröffentlichen irgendwann unser Album. Allerdings können wir das nur tun, weil unsere Filme so erfolgreich sind. Das ist ein riesiges Privileg.
Dennoch: Sie müssen viel Vertrauen in «Wall-E» gehabt haben… Die Geschichte existierte bereits. Ich war im Prinzip nur der Archäologe, der sie ausgrub. Und punkto Vertrauen: Vier Jahre lang war mein einziger Gedanke: Oh Gott, das funktioniert nicht. Und das nicht. Und das nicht. (lacht) Schon bei «Toy Story» hatte ich aber gelernt: Vieles wird besser, wenn man den Mut hat, Unnötiges über Bord zu schmeissen. Inzwischen bin ich fast zu schnell im Wegwerfen. Da muss ich aufpassen, dass ich meine Mitarbeiter nicht vor den Kopf stosse.
Apropos Wegwerfen: Wie viele Klimaschutz-Hintergedanken stecken in «Wall-E»? Gar keine. Ich benutze zwar den Umweltaspekt, aber ich will damit nicht suggerieren, dass wir nun alle Bäume pflanzen sollten wie im Film. Mir ging es letztlich um eine viel simplere Botschaft: Wenn die Menschen den Sinn des Lebens vergessen sollten und zu Robotern werden, die mit niemandem mehr reden und niemanden mehr berühren, wäre es dann nicht verrückt, wenn sie sie gerade ein Robotern an ihre Humanität erinnern würde?
Spricht «Wall-E»eher Kinder oder Erwachsene an? Ich denke nicht in solchen Kategorien. Ich mache einfach den besten Film, den ich machen kann. Wenn andere Studios vorhersagen wollen, was das Publikum mögen wird, finde ich das absolut respektlos. Denn wer bin ich schon, dass ich wüsste, was andere mögen.
In den Filmtrailern sieht man Wall-E, erfährt aber – im Gegensatz zu den meisten anderen Trailern - nichts von der Geschichte. Weshalb? Meiner Meinung nach sollte ein Trailer unterhaltsam sein, aber er sollte nichts vom Film verraten. Ich hasse es, wenn mir jeweils schon der ganze Film in einem Trailer erzählt wird. Doch Sie glauben gar nicht, wie schwierig es geworden ist, Geheimnisse nicht zu früh preiszugeben.
Wie kamen Sie auf das Filmmusical «Hello Dolly», das in «Wall-E» die Sehnsucht nach Liebe erweckt? Diese Frage wird mich wohl bis an mein Lebensende verfolgen (lacht). Also: Zuerst wollte ich eigentlich etwas aus einem französischen Swing-Musical aus den Dreissigerjahren verwenden. Aber dann war das schon in «Triplettes de Belleville», und ich wollte mir nicht vorwerfen lassen, ich hätte abgekupfert. Dann erinnerte ich mich an ein Musical, das wir in der High School aufgeführt hatten: «Hello Dolly». Da gibts in diesem Song «Put on your Sunday Clothes» die Worte «out there» – und das wars! Ich war so überrascht, ja betreten, dass es funktionierte. Es ist ja so ein naiver Musicalsong, der sich um zwei naive Jungen aus der Kleinstadt dreht, die für einen Abend mal in die Grossstadt wollen, um ein Mädchen zu küssen. Aber genau das ist im Prinzip Wall-E.
Und wie erfanden Sie den weiblichen Roboter Eve, mit der Wall-E Händchen halten möchte? Wall-E ist ein simpler Apparat, eckig, schmutzig und scheu. Da fragte ich mich: Was wäre die schönste Maschine, die sich so ein Roboter erträumen kann? Sie muss das Gegenteil davon sein: Fliessend, rund, weiss und sauber.
Eve ähnelt einem Apple-Produkt. Weiss das Apple-Chef Steve Jobs? Oh ja, er mochte Eve sofort. Er wollte mir sogar seinen Chefdesigner dafür ausleihen.
Wird es eine Fortsetzung von «Wall-E» oder «Finding Nemo» geben? Nein, jedenfalls nicht von mir. Mit Robotern und Fischen habe ich abgeschlossen. Ich ziehe Originalfilme den Fortsetzungen vor. Oder mögen Sie etwa «Lawrence of Arabia 2»? (lacht)
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch