Von wegen konservativ: Die fünfte Schweiz wählt links
Bei den im Ausland lebenden Schweizern ist die SP die beliebteste Partei – dicht gefolgt von der SVP. Auch die Grünen finden viel Zuspruch. Das politische Profil der fünften Schweiz entspricht jenem der Stadt Baden.
Seit 20 Jahren dürfen im Ausland lebende Schweizer brieflich stimmen und wählen. Eine zum Jubiläum veröffentlichte Studie kommt nun zum Schluss: Einen «typischen Auslandschweizer-Wähler» gibt es nicht. Doch die fünfte Schweiz stimmt tendenziell links und liberaler.
«Auslandschweizer hegen eine bestimmte Vision von unserem Land», sagte Jacques-Simon Eggly, Präsident der Auslandschweizer-Organisation (ASO), anlässlich der Präsentation der Studie in Bern. Diese sei in einen «globaleren, internationalen Kontext eingebunden».
Um ein politisches Profil der Auslandschweizer zu erstellen, analysierte die Forschungsstelle Sotomo der Universität Zürich eidgenössische Abstimmungen der letzten Jahre sowie die nationalen Wahlen 2011. Dazu wertete sie die Ergebnisse von acht Kantonen aus, deren Daten sie auf die ganze Diaspora hochrechnete.
SP meistgewählte Partei
Unter Auslandschweizern war bei den Wahlen 2011 die SP die beliebteste Partei. 21 Prozent wählten die Sozialdemokraten – 2,3 Prozent mehr als alle Stimmberechtigten zusammen. Die SVP holte hingegen im Ausland 6,6 Prozent weniger Wähler und wäre mit 20 Prozent bloss zweitstärkste Kraft.
Auf Platz drei stehen überraschend die Grünen. Sie haben mit 15 Prozent fast doppelt so viele Anhänger wie unter allen Stimmberechtigten. Und während die FDP ausserhalb der Landesgrenzen fast gleich viele Stimmen wie insgesamt holte, schneiden die eher im ländlichen Raum verankerten Mitteparteien CVP und BDP im Ausland schlechter ab.
«Linksliberales Profil»
Ist die fünfte Schweiz also Hoheitsgebiet der Linken? Studienleiter Michael Hermann relativierte: Auffällig sei zwar eine «klare Schlagseite» für das rotgrüne Lager, während die nationalkonservative Seite untervertreten sei. Die Auslandschweizer würden jedoch nicht «klassisch links» stimmen.
Dies werde bei der Auswertung der Sachabstimmungen der letzten Jahre deutlich, die auf ein «linksliberales Profil» hindeute: Im Ausland lebende Schweizer und Schweizerinnen stimmten zwar eher im Sinne linker Parteien – aber nicht unbedingt bei Themen, die die Linke gesetzt hatte.
Übereinstimmungen mit der Linken gebe es insbesondere bei der Migrationspolitik. Auch stimmen Auslandschweizer Vorlagen für eine offenere Gesellschaft eher zu. Bei den Themen Sozialstaat, Armee, Umwelt und bei Finanzfragen ist die fünfte Schweiz auf derselben Linie wie die Stimmenden in der Heimat. Und bei Wirtschaftsfragen stimmt sie sogar «eher bürgerlich», sagt Hermann.
Mit Vorurteil aufgeräumt
Die Studie verglich die Resultate auch mit den politischen Profilen aller Schweizer Gemeinden. Und kam zum Schluss: Das Wahl- und Stimmverhalten der Auslandschweizer entspricht am meisten demjenigen der Bewohner der Stadt Baden AG.
«Hier wie da steht das politische Profil für eine eher urbane, gut gebildete und öffnungsorientierte Bevölkerungsschicht», erläutert Hermann. ASO-Präsident Eggly wies zudem darauf hin, dass die Studie mit dem Vorurteil aufräume, wonach Auslandschweizer vollkommen unterschiedlich und nur für ihre eigenen Interessen abstimmen würden.
Knapp jeder Vierte registriert
Schweizerinnen und Schweizer haben seit dem 1. Juli 1992 das sogenannte Korrespondenzstimmrecht. Seither können sie bei Wahlen und Abstimmungen auch per Brief ihre Stimme abgeben.
Gemäss ASO-Angaben waren Ende 2011 rund 143'000 Stimmberechtigte im Ausland registriert. Insgesamt leben etwa 700'000 Schweizer Bürger ausserhalb der Heimat. In zehn Kantonen sind die Auslandbürger auch zu kantonalen Urnengängen zugelassen.
SDA/rbi
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