Liestaler Künstler mit neuen SongsVon Trauer, Flucht und dem Glück, Vater zu werden
Flavian Graber hat sich neu erfunden. Seine Songs berühren. Vom Indie-Pop ist er umgestiegen auf den Sound, der aus dem Moment entsteht.

Seit Freitag kann man Flavian Grabers neuestes Werk hören. Wobei - so neu ist «Grosses Kino» aus der Feder des Liestaler Singer-Songwriters gar nicht. «Ich schrieb den Song, als wir erfuhren, dass wir mit dem dritten Kind schwanger sind», erzählt er. Eine Hommage an die Tochter noch vor ihrer Geburt. Sie ist inzwischen zwei Jahre alt, der Song aber erstmals zu hören.
Lange war der 38-jährige Flavian Graber Kopf der 2010 gegründeten Indie-Pop-Band «We Invented Paris», die auch als Künstlerkollektiv gesehen werden kann. Schrieb er damals Songs in englischer Sprache, verwendet er nun seinen Dialekt und Hochdeutsch für seine Texte. Ein Projekt, das während der Pandemie reifte, als Graber herauszufinden versuchte, wohin er künstlerisch wollte.
«Ich merkte, es geht unglaublich nahe»
«Ich begann aus Spass in meinem Dialekt zu schreiben, vor allem um zu sehen, ob ich das hinbekomme, ohne dass es mir peinlich ist», so Flavian Graber, «dann bekam ich grosse Freude daran, denn ich merkte, es geht unglaublich nahe.» Hochdeutsch sei zwar etwas weiter weg, aber dennoch nah. Mit «We Invented Paris» tourte er oft durch Deutschland; in Mannheim studierte er Musik.
Graber sagt, soziale Gerechtigkeit, Gesellschaftsfragen seien immer schon Themen in seinen Songtexten gewesen. Wie mit Schwachen umgegangen werde, mit Menschen am Rand der Gesellschaft. «Heute finde ich enorm spannend, wie Schönheit und Leid aufeinandertreffen, so, wie es das Leben halt mit sich bringt», erklärt er.
Nicht nur das Rosige, auch das Schwierige, das Herausfordernde zähle zu den Fragen, die uns alle beschäftigten. In seinen zwei bisher veröffentlichten neuen Songs geht es um Trauer (Still Si) und Flucht (Feierabend im Paradies). Entstehen sollen fürs Erste drei Songs in Dialekt und drei in Hochdeutsch. Auch Songs, die es in beiden Sprachen gibt.
Was ein Song auslöst
Schreibe er seine Songs, beginne er manchmal mit dem Text, manchmal mit der Gitarre oder dem Klavier. Die Stimmung, die ein Song erzeuge, sei «enorm wichtig». Denn grundsätzlich sollte man einen Song auch ohne den Text verstehen: «Aufgrund dessen, was er in einem auslöst.»
Je nach Bedarf holt sich Flavian Graber ein paar alte Bekannte ins Studio: Schlagzeuger Konstantin König, Gitarrist und Bassist Yannik Sandhofer, Fabian Willmann am Saxophon oder an der Bassklarinette sowie Tastentechniker Nico Schnepf. Im Gegensatz zur Musik von «We Invented Paris» würden die neuen Songs viel weniger produziert, sondern entstünden stark aus dem Moment heraus.
«Die Frische, wenn ein neuer Song zum ersten Mal gemeinsam gespielt wird, kombiniert mit der Spannung, dass jeder Ton final sein kann, führte zu einer einmaligen Intensität im Raum», sagt Graber. Aufgenommen wurde in einem Analog-Tonstudio auf Schloss Rhörsdorf bei Dresden mit alten Mikrofonen aus der DDR. «Das sorgte für den authentischen Vintage-Sound», fügt Graber an.
Es wird wieder gewandert
Live kann man Flavian Graber nun wieder auf seinen Wanderkonzerten hören. Eine Idee, die ebenfalls in der Pandemie entstand. Graber nimmt rund 30 Personen mit. Beispielsweise zum Sonnenaufgang beim Aussichtsturm Liestal, zum Sonnenuntergang bei der Ruine Dorneck oder zur Weindegustation nach Aesch.
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