Von seiner Abwahl hat Feuillet senior erst aus der Zeitung erfahren
Gesehen & gehört Wenn Vater und Sohn gleichzeitig aus dem Kantonsrat abgewählt werden, suchen die Journalisten nach Worten: Familienelend, -tragödie oder gar -drama. Doch Vater Dominique Feuillet (SP, 58) und Sohn Sandro Feuillet (Grüne, 33) waren gestern die beiden Fröhlichsten unter den 25 Abgewählten. Beide gönnen ihren Nachfolgern die Wahl – und das ehrlich: Thomas Marthaler bei der SP und Ralf Margreiter bei den Grünen. Von den 1720 Kandidatinnen und Kandidaten ist der Walliser Dominique Feuillet der coolste. Weil er am Samstag in eine kleinere Wohnung zügelte, funktionierten weder Computer noch Radio. Und weil auch das Ladegerät fürs Handy in einer Zügelkiste steckte, konnte er um 18 Uhr das SMS von Sohn Sandro nicht lesen: «Minus 2 Feuillets.» Die Abwahl realisierte der Vater erst, als ihm seine Frau am Morgen den Tagi an den Küchentisch brachte. «Thomas Marthaler ist mein politischer Zwilling», sagte er, «die Wahl mag ich ihm gönnen.» Feuillet bleibt immerhin Zürcher Gemeinderat. Auch Sohn Sandro sieht die Abwahl positiv: «Meinem Internetberatungsunternehmen geht es gut, und ich werde bald Vater.». * Begreiflicherweise mehr Mühe mit der Abwahl hat Susanne Brunner (SVP, Zürich). Denn ihr fehlte eine einzige Stimme – bei 2551. Besonders ärgerlich: Brunner verlor nicht etwa gegen den Favoriten Theo Toggweiler (73), sondern gegen den vom zweitletzten Platz aus startenden Wirtschaftsprofessor Hans-Ueli Vogt. Auf Facebook rieten ihr Freunde: «Liebe Susanne, lass nachzählen, niemand würde dir das übel nehmen!» Diese Option trieb Susanne Brunner gestern den ganzen Tag um, aktiv suchte sie einen Rekurs aber nicht. Denn im Gegensatz zu früheren Wahlen, bei denen nachgezählt wurde, ist Brunner in einer wenig komfortablen Lage. Ein Rekurs würde sich gegen einen Parteikollegen richten und bloss ihrem Ego dienen. Anders war es, als Pearl Pedergnana (SP) bei den Winterthurer Stadtratswahlen 2001 ebenfalls eine einzige Stimme hinter Jürg Stahl (SVP) lag. Es wurde nachgezählt – und Pedergnana prompt mit einer Stimme Vorsprung Stadträtin. Begreiflicherweise hoffte Brunner insgeheim, dass das Statistische Amt von sich aus aktiv würde. Doch Wahlleiter Giampiero Beroggi sagt, dass bei Proporzwahlen nur nachgezählt werde, wenn man Unregelmässigkeiten feststelle – etwa umstrittene Schreibweisen bei komplizierten Namen. Doch das war am Sonntag nicht der Fall. Brunner hat nun die Möglichkeit, nach der Publikation im «Amtsblatt» vom Freitag innert fünf Tagen eine Beschwerde einzureichen. SVP-Präsident Alfred Heer sagt allerdings: «Persönlich würde ich Susanne Brunner von einer Beschwerde abraten, der SVP bringt Nachzählen nichts.» * Für die CVP hat die Niederlage mit den vier Sitzverlusten eine weitere negative Folge. Gemäss bisherigem Verteilschlüssel wäre ihr 2013 das Kantonsratspräsidium zugestanden. Parteiintern war die bekannte Staatsanwältin Silvia Steiner vorgesehen. Nun haben die Mathematiker im Rat festgestellt, dass die geschrumpfte CVP erst 2017 drankommt. Dafür ist die SVP 2013 erneut an der Reihe – und das, obschon bereits im nächsten Mai voraussichtlich ein SVPler höchster Zürcher wird: Jürg Trachsel aus Richterswil. Ruedi Baumann Abschied ohne Groll: Sandro und Vater Dominique Feuillet. Foto: Nicola Pitaro
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