Das Festival «Jungle Street Groove»Vom Wettstein bis zum Klybeckquai dröhnen die Bässe
Was anfänglich eine Demonstration gegen Atombombenversuche mit 150 Menschen war, holt heute 16’000 Musikfans an die Kleinbasler Rheinpromenade.

Als wir kurz nach 14 Uhr auf dem Weg über die Wettsteinbrücke in Richtung Kleinbasel sind, ist das Fest bereits in vollem Gange. Entlang des Oberen Rheinwegs tummeln sich Hunderte Menschen. Sie alle folgen dem Sound der Wagen, welche sich auf den Weg gemacht haben. Entlang des Rheins, in Richtung Klybeck.
An diesem Samstag ist der «Jungle Street Groove», ein Strassenmusikfestival, das seit 27 Jahren Liebhaberinnen und Liebhaber der elektronischen Musik in die Stadt Basel lockt. Seit 1995 hat sich das Fest allerdings stark gewandelt.
In diesem Jahr sind es 13 sogenannte Groovetrucks, welche in Form einer Parade mit Start beim Theodorsgraben und Ende am Klybeckquai die Bässe dröhnen lassen. Gespielt werden neben Techno und House-Musik auch die Genres Dubstep, Drum’n’Bass, Dub und das namengebende Jungle.
Der Zug bahnt sich seinen Weg entlang des Rheins unter der Mittleren Brücke hindurch bis zur Johanniterbrücke. Hier – ummantelt von Asphalt und Beton – spürt man die tiefen Frequenzen der Bässe in Mark und Bein. Und nicht zuletzt auch in den Ohren. Für diejenigen, denen das zu viel ist, werden am «Jungle Street Groove» von den mitfahrenden Getränkewagen und den «Groovetrucks» kostenfrei Ohrstöpsel verteilt.
Ein Strassenfestival für sehr Jung und Alt
Wir entfernen uns einige Schritte vom Geschehen. Kurze Erholungspause. Beim Blick in die Menge fällt auf: Diese Parade vermag es, beinahe alle Altersgruppen an den Rhein zu bringen. Klar, es gibt die jungen Wilden, die sich in ihren besten Jahren befinden und sich bei tiefen Frequenzen in einen Rausch tanzen. Aber zu sehen sind auch die sehr Jungen, vielleicht noch nicht so Wilden.
Gemeint sind Sechs-, vielleicht Siebenjährige, welche sich mit Gehörschutz mitten unter den Feiernden befinden. Begleitet werden sie natürlich von ihren Eltern. Ganz selten – so scheint es – werden sie auch von ihren Grosseltern begleitet. Den «Jungle Street Groove» gibt es ja auch schon seit 1995 – und elektronische Musik noch viel länger.

1995 war der Basler Event aber noch ein ganz anderer, erklärt Louis de Montmollin, Vizepräsident der Veranstaltung: «Ursprünglich war der ‹Jungle Street Groove› eine Demonstration gegen die Atombombentests, die von Frankreich auf dem Mururoa-Atoll durchgeführt wurden. Damals demonstrierte man mit einem Wagen und Musik.» 150 Personen sollen an der Demonstration teilgenommen haben.
Seither ist die Parade stetig gewachsen und hat seine politische Komponente grösstenteils verloren. «Der Event hat sich verschoben, vom Rebellischen zu einer Plattform, auf der sich junge und auch ältere Musikschaffende verwirklichen können», sagt de Montmollin.
Und auch in Sachen Besucherzahl hat sich die Parade verändert. 1996 waren es bereits doppelt so viele Feiernde wie im ersten Jahr. 2004 zählte man dann über 5000 Musikfans, und an die diesjährige Ausgabe kamen laut dem OK um die 16’000 Menschen – so viele wie noch nie.
Am Hafen wird es international
Das macht sich spätestens am Klybeckquai bemerkbar. Nach einem kurzen Abstecher in ein Basler Pizzalokal gelangen wir nämlich zum Einbruch der Dämmerung an den Hafen. Die Parade ist hier zwar offiziell schon zu Ende, doch für Musik ist dennoch gesorgt.
Vor dem Kulturschiff Gannet fühlt man sich wie im Nachtclub. Die Leute stehen dicht an dicht. Sich von einem Ort zum nächsten zu bewegen, wird zeitweilig zur Herausforderung. Doch die Musik stimmt auch hier, sorgt beim nun zunehmend internationalen Publikum – wir befinden uns ja eine halbe Rheinbreite vor der französischen und keinen Kilometer vor der deutschen Grenze entfernt – für Ekstase.
Ekstase, die es am «Jungle Street Groove» erst in zwei Jahren wieder geben wird. Denn seit 2005 findet der Event im Wechsel mit dem «Beat on the Street» statt, das sich damals als Alternativveranstaltung vom «Jungle Street Groove» abspaltete: «Es gab Unstimmigkeiten innerhalb des Vereins, woraufhin jemand von ‹Beat on the Street› kurzerhand die neue Parade angemeldet hat. Das zumindest erzählt man sich», sagt de Montmollin.
Es ist dunkel am Hafen. Wir machen uns zu später Stunde mit müden Beinen auf den Rückweg den Rhein hinauf. Noch immer trunken von den dröhnenden Tönen und ballernden Bässen.
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