Vom Luxushotel in die Zelle mit Stehklo
Dominique Strauss-Kahn muss sich im Zusammenhang mit Sex-Partys gegenüber der französischen Justiz erklären. Er bleibt mindestens 48 Stunden in Gewahrsam. Die Vorwürfe gegen ihn sind erheblich.

Sein Gesicht versteckt Dominique Strauss-Kahn hinter getönten Scheiben. Mühsam bahnt sich seine Limousine ihren Weg ins Polizeirevier, bedrängt von Kameraleuten, Fotografen und Journalisten. Wenig später landet der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) im nordfranzösischen Lille in Polizeigewahrsam: Der 62-Jährige muss sich erneut schweren Vorwürfen stellen, diesmal geht es um Zuhälterei und Veruntreuung.
Die Ermittler untersuchen, ob Strauss-Kahn von illegalen Machenschaften seiner Freunde wusste, mit denen er von 2009 bis 2011 in Luxus-Hotels in Paris und Washington ausschweifende Sex-Partys feierte. Der Sozialist und einst aussichtsreiche Anwärter auf das französische Präsidentschaftsamt behauptet, er habe nicht gewusst, dass er es mit Prostituierten zu tun hatte. Strauss-Kahns Anwalt Henri Leclerc versuchte schon im Dezember, den Vorwurf ins Lächerliche zu ziehen: Ihm solle mal jemand zeigen, wie man bei einer nackten Frau feststelle, ob sie Prostituierte sei.
Beihilfe zu «bandenmässiger Zuhälterei»
«Dodo, der Salzhering», der die Mädchen für die hohen Herren beschaffte und eine der Schlüsselfiguren in dem Fall ist, widerspricht. Strauss-Kahn sei ja nicht «dumm» und es sei bei den Treffen nicht um «Verführung» gegangen, stellte er trocken fest. Im Sender RMC Info fügte der Besitzer mehrerer belgischer Massagesalons hinzu: «Wenn man eine junge Frau oder eine Dame eine Stunde kennt und dann Sex hat, dann sind das in der Regel bezahlte Dienste.»
Die Dienste einer Prostituierten in Anspruch zu nehmen, ist in Frankreich nicht verboten, Zuhälterei aber sehr wohl. Bei den Ermittlungen in Lille geht es also darum, ob Strauss-Kahn womöglich Beihilfe zu «bandenmässiger Zuhälterei» leistete und Callgirl-Partys selbst mitorganisierte. So soll eine Reise nach Washington, wo er als IWF-Chef seinen Amtssitz hatte, auf seine Einladung hin erfolgt sein. In einer SMS an einen anderen Teilnehmer der Partys soll er geschrieben haben: «Kommst du in Begleitung nach Washington? Kenne ich sie?»
Hinzu kommt, dass die Sex-Partys von zwei Geschäftsmännern bezahlt wurden; mindestens einer von ihnen soll dafür eine Summe von etwa 50'000 Euro aus der Kasse seines Baukonzerns Eiffage veruntreut haben. Sollte der Ex-Minister dies gewusst haben, so könnte ihm Beihilfe zu der Veruntreuung vorgeworfen werden.
48 Stunden in Polizeigewahrsam
Teils erstaunt und teils entsetzt verfolgen die Franzosen die täglich neuen Details aus dem Sex-Leben von «DSK», wie Strauss-Kahn in Frankreich kurz genannt wird. Der Ruf des einst hoch angesehenen IWF-Chefs ist zwar ohnehin seit seiner Verhaftung im vergangenen Jahr in New York wegen versuchter Vergewaltigung eines Hotel-Zimmermädchens ruiniert; später wurde er wegen Unglaubwürdigkeit des angeblichen Opfers wieder freigelassen. Es folgten vor der Callgirl-Affäre aber noch eine ganze Reihe weiterer Vorwürfe, die ein politisches Comeback zunichte machten.
Bei seinem tiefen Sturz landete der einst mächtige Strauss-Kahn nun in einer Verhörzelle in Lille: Bis zu 48 Stunden soll sein Polizeigewahrsam dauern, die kargen Räume der Gendarmerie sind nur mit Schaummatratzen und Stehklo ausgestattet. Danach könnte offiziell ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet werden.
Politisches Komplott
Anhänger von Strauss-Kahn sind überzeugt, dass es sich bei der Serie von Vorwürfen um ein politisches Komplott handelt, um den zuvor aussichtsreichen Rivalen von Staatspräsident Nicolas Sarkozy auszuschalten. So weit geht nicht einmal Strauss-Kahn, trotz seines Bemühens, die Reste seines zerrütteten Rufes zu retten.
Als jedoch unlängst der Sarkozy-Vertraute und Innenminister Claude Guéant herausposaunte, Strauss-Kahn sei einmal bei einer Polizeikontrolle am Strassenstrich von Paris im Wald von Boulogne aufgegriffen worden, war die Empörung doch gross. Sarkozy hat jedenfalls just am Donnerstag einen grossen Wahlkampfauftritt im sozialistisch regierten Lille – genau zum Abschluss des 48-stündigen Polizeigewahrsams von Strauss-Kahn.
AFP/kpn/jak
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