Vier Schüsse in Kopf und Arm
War es ein tragisches Versehen oder Mord? Olympia-Star Oscar Pistorius hat seine Freundin erschossen – möglicherweise, weil er sie für einen Einbrecher hielt. Die Polizei ist skeptisch. Südafrika ist geschockt.
Der südafrikanische Sportstar Oscar Pistorius wird des Mordes an seiner Freundin beschuldigt. Der 26-jährige Prothesensprinter solle am Freitag einem Richter vorgeführt werden, teilte die Polizei mit, ohne den Namen des Sportlers ausdrücklich zu nennen. Die Freundin des Athleten, das Model Reeva Steenkamp, war zuvor im Haus der beiden tot aufgefunden worden, Pistorius wurde festgenommen. Die Identität der Toten bestätigte ihre Modelagentur.
«Ein 26-jähriger Mann» solle vor Gericht erscheinen, hiess es. Sprecherin Denise Beukes betonte, Pistorius sei daheim gewesen, als man das erschossene Model gefunden habe, und es gebe «keine anderen Verdächtigen». Auch habe es «vor kurzem Zwischenfälle» und «Anschuldigungen häuslicher Natur» im Haus von Pistorius gegeben. Von dem Vorfall am frühen Morgen gebe es Zeugen, die bereits vernommen worden seien. «Die Rede ist von Nachbarn und Leuten, die etwas gehört hatten» – früher in der Nacht und auch die Schüsse in den frühen Morgenstunden.
9-Millimeter-Pistole
Gegen 3.00 Uhr am Morgen waren Beamte zu einer Schiesserei im umzäunten Haus des Läufers in Pretoria gerufen worden, wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AP sagte. Dort hätten Sanitäter gerade versucht, die Frau wiederzubeleben. Die 30-Jährige sei aber noch vor Ort gestorben. Vier Schüsse hatten sie getroffen.
Polizisten fanden eine 9-Millimeter-Pistole in dem Haus und nahmen den 26-jährigen Pistorius in Gewahrsam. Die Polizeistation verliess dieser nach mehreren Stunden in Begleitung von Beamten. Dabei versuchte er, das Gesicht vor den wartenden Fotografen abzuschirmen.
«Wir sind uns nicht sicher»
Pistorius soll darum gebeten haben, umgehend ins Gericht gebracht zu werden. Eine erste Anhörung für Nachmittag wurde auf morgen verlegt, um den Gerichtsmedizinern Zeit für ihre Arbeit zu geben, wie ein Sprecher sagte. Der Verdächtige musste sich nach Polizeiangaben gerichtsmedizinischen und Alkohol-Bluttests unterziehen. Südafrikanische Medien hatten zunächst berichtet, Pistorius habe seine Freundin für einen Einbrecher gehalten und deshalb geschossen – möglicherweise habe die Frau den Sportler am Valentinstag überraschen wollen. Die Polizei sagte, dass diese Vermutungen nicht von den Behörden stammten. «Es wäre viel zu früh und sehr unverantwortlich, jetzt zu sagen, was tatsächlich passiert ist», sagte Sprecherin Beukes. «Es gibt Behauptungen, wir sind uns nicht sicher.»
In den sozialen Medien tauchten zahlreiche Nachrufe auf das 30-jährige Opfer auf. Das Model mit dem Jura-Abschluss, das zwei Jahre in Folge von der Zeitschrift FHM unter die 100 schönsten Frauen der Welt gewählt wurde, hatte sich für die Stärkung von Frauen eingesetzt. Heute hätte sie eine Rede an einer Schule in Johannesburg halten sollen. Auf Twitter hatte Steenkamp Frauen aufgerufen, gegen Vergewaltigung aufzustehen. «Welches As schüttelt ihr morgen für eure Liebsten aus dem Ärmel?», twitterte sie in Bezug auf den Valentinstag von heute. «Es sollte ein Tag der Liebe für jedermann sein.»
Vergewaltigungen und Raubüberfälle
Unmittelbar nach Bekanntwerden der Tat begann in Südafrika eine Diskussion über das Waffenrecht. Südafrika hat eine der höchsten Mordraten der Welt. Jeden Tag werden nahezu 50 Menschen getötet. Nur Kolumbien hat gemessen an der Einwohnerzahl mehr tödliche Schiessereien, wie die UN ermittelten. Ausserdem gibt es am Kap sehr viele Vergewaltigungen und Raubüberfälle.
Pistorius schrieb im vergangenen Jahr bei den Olympischen Spielen von London Geschichte, als er als erster beidseitig amputierter Läufer an Rennen teilnahm. Er ging beim 400-Meter-Einzelwettbewerb und in der Staffel an den Start. Der Prothesenläufer ist einer der bekanntesten Sportler des Landes. Ihm wurden beide Beine amputiert, als er jünger als ein Jahr alt war.
AFP/AP/kle/bru
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